Seit 20 Jahren „Die Seele zum Klingen bringen“

Michaeliskloster Hildesheim: Das Zentrum für Gottesdienst und Kirchenmusik hat Jubiläum gefeiert
Ein Posaunenchor, aufgenommen durch ein Instrument, das unscharf im Vordergrund steht.
Bild: Anna-Kristina Bauer

Dem Wonneproppen und der Backfischbraut entwachsen, vom Urgestein weit entfernt: Das Michaeliskloster Hildesheim ist 20 Jahre geworden. Von Seifenblasen und Luftballons begleitet, hat das Zentrum für Gottesdienst und Kirchenmusik sein Jubiläum mit einem Tag der offenen Tür gefeiert. Es war ein Tag der Musik, des Eintauchens in das Haus und seine Arbeit, des Ausprobierens und Kennenlernens.

Die Bühne im Innenhof haben Bläserinnen und Bläser aus Hildesheim und Umgebung bespielt, die Singschule Moritzberg eroberte sie mit ihrem Musical „Die Krone der Schöpfung?“. Darüber hinaus standen Gospel-, Pop- und Chorkonzerte auf dem Programm. Bei Mitsingangeboten konnten sich die Gäste selbst musikalisch ausprobieren. In Band-, Posaunenspiel-, kreativen Workshops wurde Kirchenmusik greifbar, in Schreibwerkstätten konnten sich die Teilnehmenden dem Himmel auf dem Papier nähern. Es gab Liebe aus dem Bauchladen, Segen to go mit bunten Fäden und Waffeln am Stiel vorm Weltkulturerbepanorama St. Michaelis. Darüber hinaus stellte sich das Michaeliskloster bei Führungen durch das historische Gesangbucharchiv und durch das Hotel und Tagungshaus vor.

Eine als Mann lesbare Person im Anzug spricht in ein Mikrofon.
Bild: Anna-Kristina Bauer
Gründungsdirektor Jochen Arnold.

Kinder und Erwachsene gingen bepackt mit Schlauchtrompeten und Orgelpfeifen in den warmen Sommerabend nach Hause. An vielen T-Shirts prangten Buttons. Und so mancher Gast verließ das Michaeliskloster mit einem Ohrwurm. 

„Das Fest zum 20-jährigen Jubiläum des Michaelisklosters bei traumhaftem Wetter hat einmal mehr erleben lassen, wofür das Michaeliskloster steht: Kirchenmusik in der ganzen Breite: Vom Kinderchor-Musical über Gospel und Blech vom Feinsten bis hin zum klassischen Vokalensemble. Dazu Angebote für Groß und Klein: Bibel-Erzählen, kreatives Schreiben, Schlauchtrompete-Blasen und Orgelentdecken. Ich bin begeistert von der Liebe zu den Menschen und zum Gottesdienst, die hier sichtbar wurde. Danke allen Kolleginnen und Kollegen, die das möglich gemacht haben“, resümierte der scheidende Direktor Jochen Arnold nach dem Jubiläumstag.

Am Samstagabend haben das Haus und die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers Jochen Arnold mit einem Festgottesdienst verabschiedet. Nach 20 Jahren als Leiter des Hauses wechselt er in das Landeskirchenamt der Westfälischen Kirche. „Für mich war es wunderbar, meinen Abschied mit diesem großen Jubiläumsfest zu verweben“, so der ehemalige Direktor. Und sagt weiter: „Der Gottesdienst war für mich ein Erlebnis als Gesamtkunstwerk der Klänge, Worte und Gesten. Ich bin überwältigt von der persönlichen Zuwendung und der Resonanz meines Engagements der letzten 20 Jahre. Ich werde diesen Tag sicher nie vergessen. Es war großartig.“

Aktuell läuft das Bewerbungsverfahren für den Leitungsposten. Pastorin Elisabeth Rabe-Winnen und Gospelreferent Jan Meyer leiten zur Zeit als stellvertretendes Direktorenteam.

Eine als Mann lesbare Person im Anzug spricht in ein Mikrofon.
Bild: Anna-Kristina Bauer
Gründungsdirektor Jochen Arnold.

Das Michaeliskloster anno 2004

Seit 20 Jahren arbeitet das Michaeliskloster als große Bildungseinrichtung der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers auf dem Michaelishügel in Hildesheim. Die ersten Jahre waren davon geprägt, mit dem Arbeitsbereich Gottesdienst und Kirchenmusik (zuvor Arbeitsstelle Gottesdienst und Kirchenmusik) und dem Posaunenwerk zwei landeskirchliche Einrichtungen und eine neu eröffnete Tagungsstätte unter einem neuen Dach zu vereinen. Zielgruppe waren und sind Kirchenmusiker:innen und Pastor:innen, aber auch Diakon:innen, Prädikant:innen und Ehrenamtliche, zu denen besonders rund 12 000 Bläserinnen und Bläser in rund 555 Posaunenchören gehören. Die neu geschaffene Präambel machte die „Förderung und Erneuerung von Gottesdienst und Kirchenmusik“ zum Ziel für die Arbeit des Hauses. Nach dem Umbau der Räume des vormaligen Predigerseminars wurden die Mauern des alten Benediktinerklosters St. Michael zur neuen Heimat. Schwerpunkte der Arbeit waren, wie schon in den Jahren zuvor in Hannover, Seminare und Workshops im Bereich der klassischen und populären Kirchenmusik sowie Veranstaltungen zu traditionellen und neuen Gottesdienstformen und der Predigt. Es entstand das Motto: „Die Seele zum Klingen bringen“.

Heute umfasst das Michaeliskloster fünf Arbeitsbereiche: die Abteilung Gottesdienst und Kirchenmusik inkl. des Arbeitsbereiches Kindergottesdienst, das Posaunenwerk, Vision Kirchenmusik, die Bibliothek und das Hotel und Tagungshaus.

In den letzten Jahren stellt sich das Zentrum für Gottesdienst und Kirchenmusik auf die immer breiter und weiter werdende Gottesdienstlandschaft ein – neue Aufbrüche und Denkansätze sind entstanden. Dazu gehört der Aufbau eines Landesjugend-Posaunenchors sowie die Idee, in der Fläche der Landeskirche Regionalzentren für Kirchenmusik mit dem Schwerpunkt Ausbildung zu etablieren. Das Liederheft zum Kirchentag Berlin 2017 freiTöne wurde zum Beiheft des EG und inzwischen fast 100.000-mal verkauft. Der dazugehörige Audio-Stick mit 175 Liedern und demnächst auch ein Datenstick mit den Noten unterstützen die Verbreitung neuen Liedguts.

Seit der Corona-Pandemie setzt das Michaeliskloster verstärkt auf digitale Angebote. So ist beispielsweise die Plattform „Soulplay“ entstanden und es finden regelmäßig digitale Formate wie „Worte und Formen finden“ statt.

20 Jahre – Anlass für die Feier und Anlass für den Blick nach vorn. Auch in Zukunft wird das Michaeliskloster Hildesheim ein Ort sein, der Menschen in Sachen Gottesdienst vernetzt. Gottesdienst ist für die Mehrheit der Menschen und auch der Kirchenmitglieder fremdes Land geworden. Dies auch mit neuen Wegen aufzuschließen, ist eine Aufgabe für Gegenwart und Zukunft. Die Vielfalt der Musikstile der Kirchenmusik zu entdecken und darin auszubilden, die Auseinandersetzung und Entwicklung von Pop-Up-Formaten oder neuen Wegen für Kasualien oder das Projekt „Kirchenjahr säkular“ sind einige aktuelle Beispiele aus der Arbeit des Zentrums in Hildesheim. Zentraler Auftrag bleibt: die Kommunikation des Evangeliums durch Wort und Musik. In der Breite der Landeskirche ist das multiprofessionelle Team der verschiedenen Abteilungen unterwegs, bringt Angebote mit, berät und macht sich mit den Menschen auf den Weg. Gottesdienstliches Leben ist im Wandel – das Michaeliskloster Hildesheim will mit andern weiterhin entdecken, was die Seele zum Klingen bringt.

Susann Grünert