„Wir holen uns den Kirchentag nach Hause“

Ehepaar aus Hannover bietet Teilnehmenden ein Privatquartier
Ein älteres Ehepaar mit Teeservice
Bild: Lothar Veit

Günter Wiers schenkt Ostfriesen-Tee ein. Seine Frau Regina Becker-Wiers und er wohnen zwar seit 30 Jahren in Hannover, aber das ist kein Grund, Rituale aus ihrer ostfriesischen Heimat über Bord zu werfen. Die Gäste, die sie während des Kirchentags in Hannover beherbergen werden, wird es freuen – sie kommen aus Ostfriesland.

Das Ehepaar ist Mitglied in der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Hannover. Unabhängig von der zentralen Buchungsplattform organisiert die Gemeinde Privatquartiere für Besucherinnen und Besucher des Deutschen Evangelischen Kirchentags 2025 in Hannover. Über die Plattform des Kirchentags können Teilnehmende weiterhin, auch kurzfristig, eine Unterkunft inserieren oder buchen – hier besteht außerdem die Möglichkeit, dass sich die beiden Parteien vorher per Telefon oder Facetime etwas kennenlernen können.

Bettina Rehbein hat die Gäste für das Ehepaar Becker-Wiers vermittelt. Sie ist Pastorin in Neermoorpolder bei Leer und verheiratet mit Christoph Rehbein, der bis zu seinem Ruhestand 2023 Pastor der reformierten Gemeinde in Hannover war.

Regina Becker-Wiers (62) stammt aus Bremen und ist gelernte Sozialassistentin. Günter Wiers (73) ist in Emden geboren und schon mit 19 zur See gefahren, bevor er Schiffsingenieur wurde. Als sein Arbeitgeber den Betrieb einstellte, riet ihm seine Schwägerin aus Hannover, sich auf die Technische Leitung im Kinderkrankenhaus auf der Bult zu bewerben. Der dortige Verwaltungsleiter war schnell davon überzeugt, dass ein Schiffsingenieur das Beste war, das er kriegen konnte. Nach dem ersten Gehalt sei Günter Wiers zwar „in jugendlichem Zorn“ über die Kirchensteuer aus der Kirche ausgetreten, hat diese Kurzschluss-Entscheidung inzwischen aber rückgängig gemacht.

Start ins Abenteuer

Das Ehepaar wohnt ganz in der Nähe der U-Bahn-Endstation Wettbergen. Von dort sind es keine 20 Minuten bis in die Innenstadt. Doch die großen Gottesdienste mit zehntausenden dichtgedrängten Besucherinnen und Besuchern wollen die beiden lieber meiden. „Wir holen uns den Kirchentag ein bisschen nach Hause“, sagt Regina Becker-Wiers. „Wir haben uns überlegt, was wir zum Kirchentag machen können, ohne uns zu überfordern.“

Und da sie früher bereits öfter Messe-Gäste hatten, stand der Entschluss schnell fest. Regina Becker-Wiers weiß, dass es beim Kirchentag ganz ähnlich läuft: „Die Gäste brauchen ein Bett, ein Frühstück, dann starten sie ins Abenteuer.“ Aber wer weiß, vielleicht ergibt sich ja doch mal das eine oder andere Gespräch über das Erlebte.

Die Chancen stehen gut. Denn das Ehepaar Schlosser aus Neermoorpolder, das seine Gastgeber bislang nicht kennt, ist durchaus aufgeschlossen: „Wir haben keine Erfahrungen mit Privatquartieren. Wir erhoffen uns davon persönliche Kontakte, die uns helfen, uns beim Kirchentag und in Hannover zu orientieren“, sagt Hedwig Schlosser, ebenfalls im Rentenalter. „Wer weiß, vielleicht wird aus der Begegnung ein freundschaftlicher Kontakt, der in einen Gegenbesuch mündet. Wir sind einfach offen für alles, was passiert.“

Kirchentag ist spannend und belebt

Die Schlossers waren noch nie beim Kirchentag. „Wir haben aber von mehreren Leuten gehört, dass es sehr spannend und für den Glauben belebend ist.“ Regina Becker-Wiers war zuletzt 2009 mit einer Freundin in Bremen dabei und hat auch schon 2005 teilgenommen, als das Protestantentreffen zuletzt in Hannover stattfand. „Unsere Gemeinde war gerade aus dreien fusioniert und wir haben uns mit einem Planwagen und in Kostümen beim Markt der Möglichkeiten präsentiert“, erinnert sie sich.

Dieses Jahr ist Regina Becker-Wiers vor allem auf das musikalische Programm gespannt. „Singen ist meins“, sagt sie. Früher hat sie in der Gemeinde-Band „Body & Soul“ gesungen, jetzt freut sie sich auf das Offene Singen mit Landeskirchenmusiker Hauke Scholten. Günter Wiers hat sich noch nicht festgelegt: „Ich bin da nicht so vorausschauend“, sagt er. Kirchentags-Erfahrene wissen: Oft kommt es ohnehin ganz anders als geplant.

Lothar Veit/EMA