Veranstaltungen beleuchten antijüdische Aspekte der Johannes-Passion

zwei Männer halten ein Plakat in der Hand und stehen vor einem Gebäude.
Bild: Harald Langguth

Hameln. In hunderten Aufführungen ist die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach (1685-1750) alljährlich in der vorösterlichen Zeit zu erleben. In diesem Jahr lädt der Kirchenkreis Hameln-Pyrmont dazu ein, das scheinbar vertraute Schlüsselwerk der evangelischen Kirchenmusik neu und kritisch zu hören: In einer dreiteiligen Veranstaltungsreihe - vom Vortrag über eine Diskussion bis zur Aufführung - sollen die antijüdischen Aspekte des 1724 in Leipzig uraufgeführte Werkes besondere Beachtung erfahren, wie der evangelische Kirchenkreis am Montag mitteilte.

Die Reihe in der Hamelner Marktkirche setzt den Angaben zufolge auf „Diskurs, Aufklärung und eine Durchbrechung des klassischen Stücks durch Zwischenrufe“. Den Auftakt macht am Mittwoch um 19 Uhr ein Vortrag mit dem Hamelner Superintendenten Stephan Vasel unter der Fragestellung „'Die' Juden im Johannesevangelium, in Bachs Johannes-Passion und die Frage: Was machen wir heute damit?“.

Am 1. April folgt ebenfalls um 19 Uhr eine Podiumsdiskussion, in der unter anderem der Antisemitismus-Beauftragte des Landes Niedersachsen, Gerhard Wegner, die Hildesheimer Regionalbischöfin Adelheid Ruck- Schröder und Ulrike Offenberg, Rabbinerin der liberalen jüdischen Gemeinde in Hameln, miteinander ins Gespräch kommen. Moderiert wird der Abend vom Geschäftsführer der Hanns-Lilje-Stiftung, Christoph Dahling-Sander.

Den Abschluss der Reihe bilden am 5. April um 18 Uhr sowie am 6. April um 17 Uhr zwei Aufführungen der Johannes-Passion in der einst vernachlässigten, aber zunehmend beliebter werdenden zweiten Fassung von 1725. Es musiziert die Hamelner Kantorei unter Leitung von Kirchenkreiskantor Stefan Vanselow.

Unterbrochen werden die Aufführungen den Angaben zufolge jeweils von drei „Zwischenrufen“, die die aus heutiger Sicht problematischen antijüdischen Passagen einordnen und kommentieren. Dies sei „ein typisch evangelischer Vorgang“, erläuterte Superintendent Vasel: „Nach 300 Jahren kann ein musikalisches Werk statisch werden. Die Zwischenrufe bieten eine Chance, neu mit dem Werk und den Inhalten ins Gespräch zu kommen, die wir heute zum Teil erheblich anders einordnen.“

epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen