Hannover, Bremen. Das Kirchenasyl bleibt aus Sicht des neu gegründeten ökumenischen Netzwerk „Asyl in der Kirche“ in Niederachsen und Bremen weiterhin unverzichtbar, weil in einigen europäischen Staaten ein ordentliches und faires Asylverfahren nicht gewährleistet sei. Mit Sorge beobachte das Netzwerk die aktuelle Entwicklung in der deutschen Migrationspolitik, sagte Netzwerksprecher Sven Quittkat am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ein Kirchenasyl könne Zeit schaffen, um individuelle Fälle noch einmal sorgfältig zu prüfen. Das niedersächsische Innenministerium erklärte, beim Kirchenasyl handele es sich um kein formales Recht. In der Praxis habe es sich aber bewährt.
Die Angst vor einer Überlastung der Sozialsysteme führe derzeit zu einer deutlichen Verschärfung in der Praxis des Asylrechts, sagte der evangelische Pastor Quittkat. Sie stelle den gesellschaftlichen Konsens infrage, dass Verfolgten auch in Deutschland ein Schutzanspruch zustehe. „Wenn wir das im Grundgesetz verankerte Recht auf Asyl außer Kraft setzen, geben wir unser humanitäres Handeln für schutzsuchende Notleidende auf.“ In Deutschland müsse eine rechtssichere und faire Prüfung auf einen Schutz- und Aufenthaltsstatus erhalten bleiben. Eine Verlagerung von Asylprüfungen auf die EU-Außengrenzen gefährde rechtsstaatliche Verfahren.
Abschiebungen im großen Stil seien keine Lösung, sondern eine Bedrohung für schutzsuchende Familien und Einzelpersonen, betonte Quittkat. Diese Menschen seien oftmals unter Lebensgefahr aus großer Not aufgebrochen und suchten in Deutschland ihre Zukunft. Ein Kirchenasyl sei in immer mehr Fällen „ein letzter Strohhalm, um nicht in eine ungewisse und gefährliche Situation abgeschoben zu werden“. Zum Netzwerk „Asyl in der Kirche“ zählen Kirchengemeinden, der Flüchtlingsrat Niedersachsen sowie Migrationsberatungsstellen von Diakonie und Caritas.
Einem Sprecher des Innenministeriums in Hannover zufolge wurden in diesem Jahr 13 Personen im Kirchenasyl gemeldet. Staat und Kirchen seien sich einig, dass es kein anerkanntes Recht auf Kirchenasyl gebe. Dennoch werde in Niedersachsen in einzelnen begründeten Härtefällen davon abgesehen, ausreisepflichtige Personen aus sakralen Räumen oder anderen Räumlichkeiten der Religionsgesellschaften herauszuholen. Dies geschehe „aus christlich-humanitärer Tradition“ und habe sich in den vergangenen Jahren als „konfliktlösend bewährt“.
Bild: Antje Wachtmann
epd Niedersachsen-Bremen