Ulm, Hannover. Der Leitende Bischof der Lutheraner, Ralf Meister, lehnt es ab, in Bezug auf Israel vom „Heiligen Land“ zu sprechen. Der Begriff „Heiliges Land“ sei seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober häufig in christlichen Stellungnahmen zu lesen, kritisierte Meister am Samstag vor Journalisten in Ulm während der Tagung der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).
Der Begriff habe sich im Mittelalter als christlicher Kampfbegriff etabliert, er impliziere, dass Israel das „Heilige Land“ der Christen sei. Es sei „Schwurbelei“, wenn man nicht klar von einem Angriff gegen Juden im Staat Israel spreche, betonte der hannoversche Landesbischof.
Die Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) und der Lutherische Weltbund (LWB) hatten in ihren Stellungnahmen zuletzt die Attacke der Hamas auf Israel nicht klar als Ursache der jüngsten Eskalation benannt. Der Lutherische Weltbund hatte vergangene Woche erklärt, sowohl Israel als auch die Hamas hätten diesen bewaffneten Konflikt in einer Weise geführt, „die nicht mit den Regeln des Krieges vereinbar ist“.
Aufforderung zu Solidarität mit jüdischen Gemeinden
Ebenfalls rief Meister bei der Generalsynode alle evangelischen Gemeinden zu Solidarität mit Jüdinnen und Juden auf. „Die öffentlich sichtbare und konkret-praktische Solidarität aller evangelischen Kirchengemeinden mit unseren jüdischen Geschwistern bleibt das Gebot der Stunde“, so Meister.
Der Überfall der Hamas auf Israel sei ein Pogrom gegen die Zivilbevölkerung gewesen, sagte Meister. „Eine Eskalation von Gräueltaten und Hass, die erschreckt, verängstigt und aufrüttelt.“ Meister verwies auch auf die Not im Gaza-Streifen, die infolge des terroristischen Angriffs entstanden sei, weil die Hamas die Bevölkerung als menschliche Schutzschilde benutze. „Auch diese Menschen brauchen unsere Solidarität und Hilfe und Feuerpausen“, forderte Meister.
Die Auswirkungen der vergangenen Wochen auf die weltweite Haltung gegenüber dem Staat Israel, vor allem gegenüber Jüdinnen und Juden seien beängstigend, betonte der Leitende Bischof. Antisemitismus, Antizionismus und unverhüllte Judenfeindschaft weiteten sich beängstigend in den islamischen Staaten aus. In Deutschlands stiegen die Übergriffe und Angriffe auf Personen jüdischen Glaubens sowie die Schändungen ihrer Einrichtungen. „Jeder Antijudaismus ist und bleibt Gotteslästerung“, betonte Meister.
Zuvor hatten die 50 Delegierten der VELKD gemeinsam Gottesdienst in der Ulmer St.-Georgskirche gefeiert. Dabei erinnerte Pastorin Marianne Gorka an den Geburtstag des Reformators Martin Luther (1483-1546) am 10. November. Die Tagung der Lutheraner steht traditionell am Beginn der Jahrestagung des protestantischen Kirchenparlaments. Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) berät in diesem Jahr ab Sonntag schwerpunktmäßig zum Thema „Sprach- und Handlungsfähigkeit im Glauben“, zentral ist dabei die Vorstellung der sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) am Dienstag, eine religionssoziologische Studie über die Einstellung zu Religion und Kirche in der Bevölkerung, die seit 1972 regelmäßig erscheint.
Auf der Tagesordnung der Generalsynode stehen Beratungen über den Haushalt und das Erinnern an die Gründung der VELKD vor 75 Jahren am 8. Juli 1948. Zur VELKD gehören sieben Landeskirchen, deren gemeinsames Ziel es ist, die Einheit unter den deutschen lutherischen Kirchen zu fördern und zu bewahren. Der Zusammenschluss repräsentiert rund 7,8 Millionen evangelische Christen.