Hermannsburg, Hannover. Die Aufarbeitungskommission für Fälle sexualisierter Gewalt durch den 2011 gestorbenen evangelischen Pastor Klaus V. hat erneut Betroffene sowie Zeuginnen und Zeugen aufgerufen, sich zu melden. Die Kommission bitte vor allem Personen aus Orten außerhalb von Niedersachsen, die Informationen beisteuern könnten, sich an sie zu wenden, teilte die hannoversche Landeskirche am Mittwoch mit. V. habe im Rahmen seiner missionarischen Tätigkeiten zahlreiche Auslandsreisen unternommen und Vorträge in ganz Deutschland gehalten. Die Mitglieder der Kommission hätten bereits zahlreiche ergiebige Gespräche geführt.
Die evangelische Landeskirche hatte die unabhängige Kommission vor rund einem Jahr beauftragt, nachdem in einem Gutachten Vorwürfe öffentlich wurden. Der als Prediger und Volksmissionar bekannte Pastor und Gründer einer evangelischen Bruderschaft in Hermannsburg soll in den 1980er-Jahren seine Macht für sexuelle Beziehungen zu Mitgliedern missbraucht haben. Er soll an mindestens einer minderjährigen Person mehrfach sexualisierte Gewalt ausgeübt haben. Die Kommission soll die Zeit ab 1955 in den Blick nehmen, als der Pastor in den Dienst der Landeskirche trat.
Klaus V. war den Angaben zufolge zunächst Mitarbeiter der Evangelischen Akademie Loccum bei Nienburg und ab 1958 beim „Amt für Missionarische Dienste“ der Landeskirche tätig. 1968 wechselte er als Pfarrvikar nach Hermannsburg und wurde 1972 zum Pastor ordiniert. Ab 1968 war er auch international missionarisch tätig. Eine Untersuchung der heutigen Evangelischen Geschwisterschaft, deren Vorgängerorganisation der Pastor gegründet und lange Zeit geleitet hatte, hatte erstmals einen sexualisierten und spirituellen Machtmissbrauch innerhalb dieser geistlichen Gemeinschaft offengelegt.
Die Kommission unter der Leitung der Präsidentin des Landgerichts Bückeburg, Eike Höcker, will den Angaben zufolge auch der Frage nachgehen, ob die kirchlichen Vorgesetzten ihrer Aufsichtspflicht gerecht geworden sind. Die Kommission aus Juristen, einer Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche, einem früheren bayerischen Kirchenrechtsdirektor und einer emeritierten Theologieprofessorin sei der Verschwiegenheit verpflichtet. Sie werde nachhaltig Geschädigte auch dabei unterstützen, Anerkennung für ihr Leid und eine Begleitung zu erhalten.