Gemeinden feiern Erntedank

Ein Trecker steht hinter einem Tisch mit Gaben, einer weißen Tischdecke, einer Kerze als Altar. Dahinter sind ein Feld und Bäume erkennbar, die Sonne taucht alles in herbstliches Licht.
Bild: Richard Gnügge

Erntedank steht auch in diesem Jahr wieder ein bisschen im Schatten des Tages der Deutschen Einheit. Damit so viele Menschen wie möglich dabei sein können, wenn im Gottesdienst den Erntegaben gedacht wird, haben viele Gemeinden ihre Feierlichkeiten einfach ein paar Tage vorverlegt.

„Durch den Brückentag nach dem 3. Oktober sind bis zum Sonntag, an dem das Erntedankfest ja eigentlich gefeiert wird, viele Familien unterwegs“, sagt Richard Gnügge von der Nikolaikirchengemeinde Hiddestorf/Ohlendorf in Hemmingen. Auf Mithilfe der Dorfgemeinschaft ist der Pastor bei den Vorbereitungen zum Freiluftgottesdienst aber angewiesen und hat deshalb schon am vergangenen Sonntag zum Erntedankgottesdienst eingeladen. „Vor allem für die älteren Landwirte ist das Erntedankfest im Kirchenjahr von besonderer Bedeutung“, weiß Richard Gnügge. 

Über mehrere Köpfe von draußen sitzenden Menschen hinweg ist ein Tisch in der Mitte des Bildes, mit weißer Tischdecke, Kerzen und Kreuz als Altar erkennbar. Dahinter steht ein Trecker, an dem eine Erntekrone hängt. Rechts steht eine Person im Talar.
Bild: Nikolaigemeinde Hiddestorf
Die Nikolaikirchengemeinde feiert ihren Erntedankgottesdienst, wie viele andere Gemeinden auch, meistens schon eine Woche im Voraus.

Und so wurde wie in den vergangenen elf Jahren wieder einer der acht landwirtschaftlichen Höfe herbstlich geschmückt. Das Kinderbibeltagsteam hatte am Tag zuvor gemeinsam mit den Kindern Zupfbrote gebacken, die Landfrauen haben sich um das Kirchcafé und traditionell um das Binden der Erntekrone gekümmert. Musik hat der Musikzug der Feuerwehr und der Gesangsverein geliefert. „Mehr als 200 Menschen aus Hiddestorf, Ohlendorf und den umliegenden Ortschaften sind gekommen, um mit uns auf dem Hof der Familie Möller einen Gottesdienst zu feiern, der sich um die Erzählung der Speisung der 5.000 gerankt hat“, erzählt Richard Gnügge. 

Vor einem Altar (links) liegen Strohballen, auf denen Feldfrüchte, vor allem Kürbisse, liegen. Drei Kinder laufen nach hinten durchs Bild.
Bild: Marcus Buchholz
Auch die Lindener Bethlehemgemeinde im Westen Hannovers zieht das Erntedankfest ein paar Tage vor.

Drei Fragen zum Erntedankfest...

...an Marcus Buchholz, Pastor der Bethlehem-Kirche in Hannover. Seine Gemeinde feiert am 2. Oktober bereits Erntedank. Bei uns steht traditionell der erste Sonntag nach Michaelis als Termin für Erntedank im Kalender – warum feiern Sie trotzdem schon wie viele andere Gemeinden vor dem 6. Oktober Erntedankfest?

Marcus Buchholz: Manchmal hat das ganz praktische Gründe: Die Kindergärten sind nur unter der Woche da, darum feiern wir diesen besonderen Gottesdienst am Mittwoch vor Erntedank. Das Wetter und die Herbststimmung passen gut in diese Zeit. Außerdem könnte man jeden Tag für die Gaben, die wir haben, danken.

Teilen gehört zur kirchlichen Tradition. Aber wir leben ja im Wandel – und was ist heute der Sinn von Erntedank?

Buchholz: Erntedank im großstädtischen Bereich wie in Linden hat inzwischen eine ganz andere Message als im ländlichen Raum. Hier geht es eher um die Sensibilisierung, dass wir im Überfluss leben und – wer es kann – eher ausgewählte Lebensmittel kauft, beispielsweise bio- oder regional angebaute Früchte und Gemüse. Gerade mit Kindern Erntedank zu feiern, hat die Chance, schon sehr früh in Lebensbiografien auf gute Lebensmittel hinzuweisen. Außerdem geht es bei Erntedank in Linden auch um Diversität, die wir im Stadtteil haben: Arm und Reich leben auf wenigen Quadratmetern nebeneinander. Wohnungslose gehören zum Straßenbild dazu – hier zu helfen, ist unsere kirchliche Aufgabe. 

Ist daraus die Idee, Kinder und Eltern um Lebensmittel und Kleidung für Bedürftige zu bitten, gewachsen?

Buchholz: Wir arbeiten schon seit einiger Zeit mit dem Tagestreff „Tageswohnung am Kötnerholzweg“ zusammen. Finanzielle Erlöse von unserem traditionellen Weihnachtsmarkt werden für Schlafsäcke oder Gasbrenner gespendet. Eine Band des Tagestreffs probt zweimal wöchentlich in der Bethlehemkirche. Wir wollen ein Zuhause für alle bieten. Nun auch die Kindergärten in diese diakonische Arbeit einzubinden, ist eine gute Sache.

Konfis backen 5.000 Brote

Mehrere junge Menschen und zwei Erwachsene in weißen Kitteln stehen an einem Tisch und kneten Teige, Mehl auf dem Tisch verteilt.
Bild: Jens Schulze
Konfirmandinnen und Konfirmanden backen mit Bäckermeister Hendrik Mordfeld in der Bäckerei Hünerberg in Barsinghausen.

Das Erntedankfest ist traditionell auch der Beginn der 5.000-Brote-Aktion von Brot für die Welt: Bäckereien in ganz Deutschland laden Konfirmandinnen und Konfirmanden in die Backstube ein, um selbst Teig zu kneten und Brote zu backen. In einem Gottesdienst spenden Gemeindeglieder dann für die frischen Brote. Mit der Spende fördern sie Bildungsprojekte für Kinder und Jugendliche in Malawi, Paraguay und Vietnam. Mehr über die Projekte, die unterstützt werden, gibt es hier.

Tanja Niestroj