Zwei Regionalbischöfinnen starten ins Amt
Lüneburg/Emden. Mit Beginn des Februar starten gleich zwei neue Regionalbischöfinnen ins Amt. Im Bischofsrat als einem der kirchenleitenden Gremien sind dann erstmals in der Geschichte der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland mehr Frauen als Männer vertreten.
„Ich will mit offenem Ohr und weitem Herzen sehen, wo ich gebraucht werde“, hat sich Marianne Gorka, die neue leitende Lüneburger Theologin, vorgenommen. Beim Epiphanias-Empfang in Loccum bei Nienburg waren erstmals alle vier Frauen vertreten, die gemeinsam mit zwei Regionalbischöfen und Landesbischof Ralf Meister den Bischofsrat bilden. „Da war spürbar, das Bild ändert sich“, sagt Marianne Gorka. Doch gehe es ihr persönlich nicht um eine Geschlechterzuweisung, betont die Theologin, die mit zwei älteren Brüdern in der Nähe von Hildesheim aufgewachsen ist. Sie selbst sei eher handfest und burschikos als „mädchenhaft“. „Wichtig sind die einzelnen Persönlichkeiten.“ Und auch ein Generationenwechsel bahne sich an.
In einem der größten der sechs Sprengel der Landeskirche will Gorka so etwas wie eine Brückenbauerin sein zwischen der Kirchenleitung sowie den Kirchenkreisen und Gemeinden, eine Lobbyistin für die Mitarbeitenden aller Berufsgruppen.
Worauf sie sich mit ihrem neuen Amt einlasse, wisse sie, sagt sie mit einem Lächeln. Die 52-Jährige ist verheiratet mit Eckhard Gorka, der bis zu seinem Ruhestand Anfang 2021 Regionalbischof in Hildesheim war. Trotz des Traditionsabbruches und der Konflikte ist Marianne Gorka von der Kraft der Kirche als einer Säule des gesellschaftlichen Zusammenhalts weiter überzeugt. „Es lohnt sich, sie zu stärken.“
Von Jugend an ist Gorka selbst der Kirche verbunden, erst als Kindergottesdiensthelferin, dann in der Jugendarbeit. Sie war als Gemeindepastorin tätig und bildete im Predigerseminar Loccum als Studieninspektorin künftige Pastorinnen und Pastoren aus. „Für mich ist das noch immer ein Traumberuf“, sagt die Pastorin, die unter anderem auch Hörfunkandachten für den NDR schreibt und spricht.
Zuletzt war die begeisterte Posaunenchor-Spielerin und Chorsängerin als Leiterin des landeskirchlichen Posaunenwerks am Michaeliskloster in Hildesheim tätig. An ihr erstes großes Landesposaunenfest 2014 erinnert sie sich noch gut. Ihr künftiger Wohnort Lüneburg hat sich damals von der besten Seite gezeigt. Tausende von Bläserinnen und Bläser waren bei dem Open-Air-Gottesdienst vor der Kulisse des historischen Marktplatzes dabei, erzählt sie.
Ein Thema, das auf die frisch gebackene Regionalbischöfin zukommen wird, ist die Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche. Am 25. Januar wurde dazu eine Studie veröffentlicht, auch im Sprengel Lüneburg gab es Fälle. Die Studie sei ein weiterer wichtiger Baustein in einem Prozess, in dem sich die Kirche befinde, sagt die Theologin. „Die große Bereitschaft ist da, an der Aufarbeitung mitzuwirken.“
Sabine Schiermeyer: „Kirche muss sich weiterentwickeln“
Auch im Sprengel Ostfriesland-Ems ist die Studie ein Thema. „Der Umgang mit der ForuM-Studie zu sexuellem Missbrauch in unserer Kirche ist eine große Herausforderung“, erklärt Sabine Schiermeyer, die ab Februar das Amt der neue Regionlbischöfin antritt.
Damit die Kirche eine Zukunft hat, müsse sie sich weiterentwickeln, ist Schiermeyer überzeugt. Persönlich habe sie erfahren, dass der christliche Glaube ein wichtiges Fundament sein kann. „Ich habe positive Erfahrungen gemacht und bin von meiner Heimatgemeinde und Kirche gefördert worden.“ Das wolle sie in ihrem Beruf auch anderen vermitteln. „Ich bin seit 30 Jahren Pastorin und habe in dieser Zeit versucht, Gottes großes Ja zu uns Menschen erlebbar zu machen.“
Erleben will sie auch ihren neuen Wohnort. Zwar kennt Schiermeyer die Region noch nicht besonders gut – „aber ich freue mich darauf, den Sprengel zu entdecken“, sagt die 56-jährige Theologin. Sie will „wahrnehmen und kennenlernen“. Dabei sind ihr Meer und Küste nicht gänzlich fremd. „Als Studentin habe ich in einer Pension auf Juist gejobbt.“
Ungewöhnlich ist, dass Schiermeyer nach nur zwei Jahren als Superintendentin im Kirchenkreis Stolzenau-Loccum Regionalbischöfin wird. „Ich wusste, dass die Stelle ausgeschrieben ist, fühlte mich aber gerade gut im Kirchenkreis angekommen.“ Darum sei die Überraschung schon groß gewesen, als Landesbischof Ralf Meister sie anrief und fragte, ob sie sich nicht bewerben wolle.
Sie habe sich die Antwort nicht leicht gemacht und zunächst den Familienrat befragt, berichtet sie. Die neue Regionalbischöfin ist verheiratet und hat drei Kinder, von denen zwei im Studium sind. Der Jüngste soll in einem Jahr seine Schule in Rinteln beenden, weshalb auch Schiermeyers Mann noch in der Stadt an der Weser bleibt. „Doch der Familienrat hat entschieden, dass ich nach Emden gehen kann“, sagt sie und schmunzelt.
Wie auch Marianne Gorka ist Sabine Schiermeyer überzeugt, dass die neue Zusammensetzung des Bischofsrates aus vier Frauen und drei Männern Potential für Veränderungen besitzt. „Allein dies wird die Kirchenleitung verändern, weil jede und jeder sich mit seinen Erfahrungen und seiner Persönlichkeit einbringen wird.“