Nicht immer die Krisen und Probleme der Welt wiederholen, sondern erzählen, was alles schon gut läuft – das ist ein Fazit des landeskirchlichen Medientags, zu dem die Landeskirche Hannovers jetzt nach Hannover eingeladen hatte. Aus allen Teilen Niedersachsens waren Mitarbeitende gekommen, die sich in der kirchlichen Kommunikation engagieren, um über die Herausforderungen zwischen schrumpfenden Finanzen, Klimakrise und der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt zu sprechen. Und um Wege zu finden, zwischen all dem innerhalb und außerhalb der Kirche positiv wahrgenommen zu werden.
„Wie oft fangen wir auch in der Kirche mit den Krisen an – dabei haben wir doch schon so vieles erreicht“, stellte Landesbischof Ralf Meister in einem anfänglichen Impuls vor den etwa 80 Teilnehmenden im Haus kirchlicher Dienste fest. Es war nach den Jahren der Pandemie der erste vollständig in Präsenz organisierte Medientag. „Deutschland hat etwa eines der besten Systeme, für Bedürftige zu sorgen - das ist nicht aus dem Nichts gekommen, sondern ist eine Leistung. Wir reden uns selbst oft zu schlecht.“
Auch beim Klimaschutz müsse „Kirche“ viel klarer Flagge zeigen: „Vor 30, 40 Jahren war das das zentrale Thema in den Gemeinden. Dort fanden vielerorts auch die Umweltschutz-Organisationen ihre erste Heimat“, betonte Meister: „Wo standen denn die Aluminium-Sammelbehälter? Bei den Kirchen. Das Thema haben wir in den letzten 20 Jahren, auch als Fridays for future aufkam, krass verpennt.“
Mit Blick auf Mobilitätsfragen hoffe er, dass sich Gemeinden so bald wie möglich als Standorte für Car-Sharing-Modelle positionierten. Mit der zentralen Lage in Dörfern und einer Strom-Grundversorgung seien gute Bedingungen gegeben. Gleichzeitig ermunterte er: „Fangen Sie einfach an. Warten Sie nicht auf die Verwaltung in Hannover, dass sie in 10 Jahren endlich die Rahmenbedingungen gesetzt hat. Legen Sie los!“
Fünf Themen im Fokus
Der Medientag widmete sich in diesem Jahr dem Leitthema „Zukunft der Öffentlichkeitsarbeit“. Im Fokus standen dabei fünf Themen: Finanzen, Klimaschutz, Zusammenarbeit mit Redaktionen, die Vernetzung mit Partnern und gezielte Mitgliederkommunikation.
Ergebnis-Präsentation der einzelnen Gruppen
Fünf Themen im Fokus
Kirche und Geld ist ein Thema, das medial vielfältig gespielt wird. In vielen Fällen geht es dabei in erster Linie um die Vermittlung von grundlegenden Fakten: Wie finanziert sich die Evangelische Kirche? Und wofür gibt die Kirche ihr Geld aus?
Oberkirchenrätin Dr. Svetlana Katolnik, die im Landeskirchenamt für den Bereich Haushalt und Rechnungswesen zuständig ist, gab dafür einen Überblick des aktuellen Haushalts. Dabei ist ganz klar: Haupteinnahmequelle ist die Kirchensteuer, die über 90 Prozent der Einnahmen ausmacht. Rund 70 Prozent der Ausgaben kommen der Arbeit in den Kirchengemeinden und Kirchenkreisen zugute: Von Personalausgaben über den Erhalt von Gebäuden bis zu Aus- und Fortbildung von beruflich Tätigen und ehrenamtlich Mitarbeitenden reichen die Ausgabenfelder.
In der Diskussion waren sich die Teilnehmenden einig, dass die transparente Kommunikation der kirchlichen Finanzen von großer Bedeutung ist. Das betrifft die Zahlen für die gesamte Landeskirche wie auch die Ebene der Kirchenkreise. Hier gab es die Anregung, dass künftig auch Kirchenkreise in ihrer Finanzkommunikation mit Infografiken arbeiten sollen. Der Wunsch ist hier, dass die Evangelische Medienarbeit leicht adaptierbare Vorlagen zur Verfügung stellt. Sinnvoll wäre zudem, die Kommunikation mit Storytelling zu verbinden, damit Mitgliedern deutlich wird: Mit Ihrer Kirchensteuer ermöglichen Sie kirchliche Arbeit vor Ort.
Dass wir jetzt gegen die Klimakrise handeln müssen, ist wissenschaftlich belegt. Doch wie kann man Menschen motivieren, sich einzubringen und am besten auch noch in der Gemeinde Klimaschutz-Aktionen voranzutreiben? Das Ziel, 2045 treibhausgasneutral zu sein, scheint noch sehr weit weg.
In der Gruppe kam schnell die Idee auf, statt der Krise lieber etwas Positiveres nach vorn zu stellen: etwa eine Klima-Challenge auszurufen. Könnte, diesem Gedanken folgend, nicht auch das Klimaschutzgesetz der Landeskirche, das die Synode im November final berät, umbenannt werden? Auch berichteten Teilnehmende, dass es hilfreich sei, wenn die angesprochenen Personen einen direkten Nutzen für sich selbst erkennen, wenn sie quasi direkt vor der Haustür positive Veränderungen durch ihr Verhalten sehen könnten.
Ulrike Wolf, die als Umweltreferentin aus dem Haus kirchlicher Dienste als Expertin in der Gruppe war, berichtete, dass das HkD unter anderem Aufkleber anbiete, die etwa ans Wassersparen beim Händewaschen erinnern. In Gemeindebriefen auf der Website oder über andere Wege könnten Gemeinden dann von den erreichten Erfolgen berichten.
„Reden Sie einfach miteinander“, ist generell Wolfs Tipp, „der ehrenamtliche Ingenieur, der sich in der Gemeinde um die Heizung kümmert, erzählt vielleicht nicht von selbst, wie sehr der Verbrauch gesunken ist – fragen Sie ihn und schreiben Sie es auf.“ Einzelne Aktionen oder erfolgreiche Projekte ließen sich sicherlich auch mit einem Anruf in der Lokalredaktion der Zeitung platzieren, umso leichter, wenn man ihnen einen prägnanten Namen gibt, wie „Mehr Leben zwischen Gräbern“ für die umweltfreundliche Umgestaltung des Friedhofs.
Auch durch die Kooperation mit anderen Gruppen vor Ort kann eine höhere „Schlagkraft“ entstehen: In Rotenburg etwa hätte es die Gemeinde allein nicht geschafft, den Friedhof neu zu bepflanzen, einen Teich anzulegen und Steine für Reptilien aufzuschichten. Doch der Nabu machte mit und trommelte an einem Wochenende mehr als 30 Helfende zusammen. Positiver Nebeneffekt: Man lernte sich gegenseitig kennen.
Kirchen und Redaktionen ähneln sich in mancher Weise, stellte in der Redaktions-Gruppe Nadine Sieker fest. Die Journalistin ist stellvertretende Leiterin der „Content Unit“ Osnabrück der Neuen Osnabrücker Zeitung und damit für die lokalen Inhalte verantwortlich. Zeitungen kämpften mit sinkenden Auflagenzahlen, Kirchen mit Austritten, sagte sie. Beide stünden unter Druck, wieder Interessierte zu gewinnen. Dabei könnten ähnliche Strategien helfen und beide sogar voneinander profitieren, etwa, wenn Gemeinden „Perlen“, schöne Geschichten über Menschen in der Gemeinde an die Zeitung herantrügen. „Erzählen Sie ihre Themen über Menschen, die etwas Bemerkenswertes bewegen“, sagte Nadine Sieker. „Ein Porträt der 85-Jährigen, die seit 50 Jahren Orgeldienst macht – das ist doch eine wunderbare Geschichte.“
Ebenfalls helfe es, die Perspektive zu wechseln, hin zu den Lesenden: Was können sie aus einem Bericht für einen Service, welchen persönlichen Mehrwert ziehen? Welchen Nutzen hat ein Artikel? Ein Nachbericht einer Veranstaltung ist nett – aber die Interessierten können nicht mehr selbst hingehen. Vielleicht lässt sich beim nächsten Mal ein Vorbericht platzieren, der einlädt? Dann müsste diese Information auch mit dem entsprechenden Vorlauf bei der Redaktion vorliegen.
„Knüpfen Sie gern auch persönliche Kontakte in die Redaktion und fragen, wie ihre Abläufe sind. Wenn Sie die Fristen der Redaktion kennen, können Sie Ideen rechtzeitig anbieten“, so Nadine Sieker.
Die Öffentlichkeitsarbeit hat sich in den letzten Jahren sehr verändert, stellte die Gruppe zum Thema Vernetzung fest. „Sie ist komplexer, anspruchsvoller und zeitintensiver geworden“, sagte etwa Brigitte Neuhaus, Öffentlichkeitsbeauftragte für den Sprengel Osnabrück.
Vier Kirchenkreise aus Osnabrück, die Evangelischen Erwachsenenbildung und ein Kita-Verband haben sich darum gemeinsam auf den Weg gemacht, ihre Social-Media-Arbeit zu koordinieren und strategisch aufzubauen. Ziel dabei: eine Community zu bilden, zunächst unter den Haupt- und Ehrenamtlichen, die sich gegenseitig wahrnehmen, unterstützen und entlasten können. Das führt zu mehr Lust als Frust bei der Social-Media-Arbeit. Natürlich geht es auch darum, Reichweiten der Kanäle insgesamt zu steigern, Follower zu generieren und mehr Wahrnehmung für die vielseitigen Angebote, die über Kirche laufen, zu verbessern. Das geschieht über regelmäßige, abgestimmte Beiträge, die die Interaktion fördern und eine Bindung der Mitglieder erreichen sollen.
Womit können Gemeinden und Einzelpersonen direkt anfangen? „Das Wichtigste zu Beginn ist, andere zum Mitmachen zu begeistern. Das geht immer über die direkte Ansprache“, sagte Brigitte Neuhaus. Man kann dann recherchieren, welche Accounts es in der Region gibt oder welche einen kirchlichen Bezug haben: Chöre, Teamergruppen, Evangelische Studierendengemeinde, Diakonie, Johanniter oder Stadtteilzentren. Gegenseitig die Posts zu liken und zu teilen, ist schnell gemacht: „einfach klein anfangen“.
Im Osnabrücker Netzwerk wurde für das ganze Projekt keine neue Stelle geschaffen, aber die sechs Projektpartner haben sich zusammengetan und Geld in die Hand genommen, um die konkrete Social-Media-Arbeit in professionelle Hände zu geben. In enger Abstimmung mit dem Redaktionskreis der Partner werden Inhalte, Serien, Videos etc. entwickelt. Die Umsetzung (Materialverarbeitung, Posting, Moderation, etc.) übernimmt Kirche.Media als Dienstleister. Für die Mitwirkenden bedeutet das eine Entlastung in technischen Dingen und mehr freien Kopf und Zeit für Inhalte und Recherche. "Gerade, um Leitungspersonen zu überzeugen, sind klar definierte Ziele, Standards und die regelmäßige Evaluation wichtig“, so Neuhaus. Das koste natürlich erstmal Zeit – die sich aber später auszahle. Auch Ehrenamtliche ließen sich über die gemeinsame Arbeit enger anbinden, „allerdings muss die Gesamtverantwortung, auch im Sinne von Kontinuität und Weiterentwicklung, bei Hauptamtlichen liegen“.
„Für technische Fragen gibt es von Seiten der Landeskirche einige Hilfen“, ergänzte Petra Schäfer aus dem Support-Team der Evangelischen Medienarbeit (EMA). „Intern-e etwa funktioniert gut als Austauschplattform, über Bilder-e können Fotos geteilt werden und für spezielle Anliegen können Kirchenmitarbeitende sowieso gezielt Schulungen anfragen. Es lohnt sich, uns einfach anzuschreiben und zu fragen, welche Angebote gerade speziell für eine bestimmte Gemeinde passen.“
„Die Kirche findet in den Medien immer weniger statt, selbst die Ankündigung von Gottesdiensten ist nicht mehr selbstverständlich. Wie soll man als Kirche Menschen da zukünftig noch erreichen?“ fragte Lilian Gutowski, Referentin für Mitgliederkommunikation bei der Evangelischen Medienarbeit (EMA). Ihre Antwort klingt einfach: "Man schreibt sie an. Persönlich und ganz klassisch per Post." Genau darauf ziele die neue Mitgliederkommunikation der Landeskirche Hannovers ab, die „Kirchenpost“.
Zehn Kirchenkreise testen diese aktuell in einer Pilotphase bis Ende 2023 und schreiben Jugendliche im Alter von 13 bis 18 Jahren an - zum Geburtstag oder nach dem Zuzug in eine Gemeinde. Verbunden mit aktuellen, lokalen Angeboten vor Ort, die genau auf die Interessen der Altersgruppe abgestimmt sind. Für die Mailings wurden Druckvorlagen für Postkarten und Selfmailer entwickelt, die von A bis Z für Kirchenkreise und -gemeinden individualisierbar sind und zugleich kostengünstig gedruckt und versendet werden können.
Neben den Informationen ginge es bei der Kirchenpost aber vor allem darum, Menschen wieder für Kirche zu begeistern und klarzumachen, wofür sie eigentlich steht, sagte Gutowski. „Wir zeigen Mitgliedern mit jeder Karte, jedem Brief auch: Wir sind als Kirche für Dich da und begleiten Dich. Ein Leben lang“, erklärte Gutowski. „Und das unabhängig davon, wie aktiv sich jemand in der Gemeinde engagiert oder ob jemand nur ein stilles Mitglied ist.“ Vor allem für kirchenferne Mitglieder sei das wichtig, denn viele hätten den Bezug zur Kirche verloren und fühlten sich nicht mehr gehört. „Da müssen wir aufholen“, sagte Gutowski.
Die Resonanz auf die Kirchenpost zeigt, die Landeskirche ist damit auf dem richtigen Weg: Rund zehn Prozent aller Jugendlichen reagieren bereits auf die Postzusendungen. Und ganz ähnliche Erfahrungen machen auch andere Landeskirchen in Deutschland, erklärte Gutowski. In Bayern und Hessen und Nassau beispielsweise, wo die Mitgliederkommunikation schon seit mehr als zehn Jahren fester Bestandteil der Kommunikationsplanung ist. Über die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sei man auch in einem regelmäßigen Austausch, um voneinander zu lernen und das Thema auch bundesweit voranzubringen.
Ab 2024 soll das Projekt Kirchenpost in der Landeskirche Hannovers auf weitere Altersgruppen ausgeweitet werden. Kirchenkreise, die bereits jetzt die entwickelten Materialien nutzen möchten, finden diese in Kürze auf der Projektseite der Kirchenpost zum Download und bei material-e.