Niedersachsen startet Social-Media-Kampagne gegen Antisemitismus

Viele Menschen stehen auf einer Treppe vor dem niedersächsischen Landtag und halten Banner auf denen "Niedersachsen gegen Antisemitismus" steht.
Bild: Krueckeberg

Hannover. Ein breites gesellschaftliches Bündnis in Niedersachsen hat eine Social-Media-Kampagne gegen Judenfeindlichkeit und Antisemitismus gestartet. „Es ist offenkundig, dass wir in unserer Gesellschaft ein Problem mit Antisemitismus haben“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Donnerstag in Hannover dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zum Teil werde der Hass offen geäußert, zum Teil versteckt. „Da ist es gut, wenn man zeigt: Es gibt eine breite gesellschaftliche Mehrheit, die sieht das ganz anders.“

Kern der Kampagne sind Postings, die hauptsächlich über die sozialen Medien verbreitet werden sollen. Sieben Bildmotive zeigen dabei typische Situationen, in denen Antisemitismus geäußert wird wie „Ich hab nichts gegen Juden, aber ...“ oder „Das war doch bloß so 'ne Redewendung ...“. Das Ziel sei, dass Menschen in solchen Situationen Widerrede leisteten, sagte der niedersächsische Beauftragte gegen Antisemitismus, Gerhard Wegner.

Menschen mit antisemitischen Vorurteilen könnten dann ins Nachdenken kommen und zögern, bevor sie das nächste Mal judenfeindliche Sprüche äußerten. An der Kampagne, die gemeinsam mit jüdischen Verbänden entwickelt wurde, beteiligen sich landesweit rund 50 Organisationen aus Sport, Kirche, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. „Wenn die das alle über ihre Kanäle weitergeben, erreichen wir halb Niedersachsen“, sagte Wegner. Auch die muslimischen Verbände seien zum Mitmachen eingeladen.

Die Aktion soll durch Plakate mit den Bildmotiven begleitet werden, die vom 15. November an in Hannover, Braunschweig und Oldenburg aufgehängt werden. Insgesamt kostet die Kampagne kostet rund 120.000 Euro. Dieses Geld reiche aber nur bis Weihnachten, sagte Wegner. Danach müsse es unbedingt weitergehen. Denn Fachleute gingen davon aus, dass eine Person einer Botschaft sieben Mal begegnen müsse, um sie überhaupt wahrzunehmen. Wegner hofft deshalb auf weiteres Geld vom Land.

Zahlreiche Vertreter aus der Landespolitik stellten sich hinter die Kampagne. Dass Menschen jüdischen Glaubens und jüdischer Kultur in Deutschland nicht frei und sicher leben könnten, sei nicht hinnehmbar, sagte Landtagspräsidentin Hanna Naber (SPD). „Wenn wir das 'Nie wieder' ernst nehmen, dann ist jetzt die Zeit zu handeln.“

Landesjustizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) betonte, der Kampf gegen antisemitisches Gedankengut könne nicht allein auf politischem Wege gewonnen werden. „Was es zusätzlich braucht, ist eine Zivilgesellschaft, die sich jeder Erscheinungsform des Antisemitismus mit lauter Stimme entgegenstellt.“

Der Präsident des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, Michael Fürst, freute sich, dass die Kampagne die sozialen Medien nutze: „Neue Zeiten, neue Wege: Ich begrüße diese Aktion sehr.“ Für den liberalen Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen sagte der stellvertretende Vorsitzende Achim Doerfer, Jüdinnen und Juden dürften nicht auf einen Opferstatus reduziert werden.

epd Niedersachsen-Bremen