Osnabrück. Die hannoversche Landeskirche will sich verstärkt der Sorgen und Nöte von Landwirtsfamilien annehmen. Neue Beratungs- und Gesprächsformate seien in Planung, sagte Landesbischof Ralf Meister am Donnerstag in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dazu gehörten etwa ein Workshop für mentale Gesundheit und ein weiterer Agrardialog in der Region Osnabrück.
Viele Familien fühlten sich durch neue Regeln im Bereich Tierwohl, Düngung und Artenschutz überfordert und unzureichend entlohnt, sagte Meister am Rande des Generalkonvents im Kirchen-Sprengel Osnabrück. Rund 80 Pastorinnen und Pastoren aus dem evangelisch-lutherischen Kirchenbezirk diskutierten mit dem Bischof und fünf Referenten in Quakenbrück über „Landwirtschaft im Fokus – Divergierende Erwartungen und Ansprüche“.
Herr Meister, wie nimmt die hannoversche Landeskirche die Herausforderungen und Probleme für die Landwirtschaft wahr? Welche Anfragen an die Kirche gibt es vonseiten der Landwirtschaft?
Ralf Meister: Der Dialog mit Landwirtinnen und Landwirten zeigt, dass die Forderungen aus Politik und Gesellschaft nach Schutz von Artenvielfalt, mehr Tierwohl und zur Änderung von Landnutzung eine große Herausforderung darstellen. Neue Regeln im Bereich Tierwohl, Düngung und Artenschutz sind zudem verbunden mit hohem bürokratischem Aufwand. Doch die Landwirtschaft muss wirtschaftlich arbeiten. Viele Landwirtsfamilien fühlen sich durch diese Herausforderungen überfordert und unzureichend entlohnt.
Welche Unterstützungs-Angebote macht die Kirche den Landwirtinnen und Landwirten?
Meister: Als Kirche unterstützen wir Landwirtinnen und Landwirte in Form von Seelsorge und Beratung. Mit diesem Angebot werden Menschen auf landwirtschaftlichen Betrieben in schwierigen Lebenssituationen von Ehrenamtlichen beraten. Alle ehrenamtlich tätigen Beraterinnen durchlaufen eine systemische Beraterausbildung und besuchen regelmäßig Fortbildungen und Supervisionen. Darüber hinaus ist ein Workshop zum Thema mentale Gesundheit in der Landwirtschaft für landwirtschaftliche Fachschulen in Planung.
Wie steht es um den zu Beginn des Jahres gestarteten „Agrardialog“? Welche Projekte sind bereits gestartet und wie ist die Resonanz?
Meister: Die Veranstaltung „Agrardialog“ wurde im Februar im Sprengel Lüneburg gut angenommen und das Feedback ist von allen Beteiligten positiv. Es gab lebhafte und konstruktive Diskussionen und den Wunsch aller Beteiligten, das Format fortzuführen. Der nächste Agrardialog befindet sich in der Planung für den Sprengel Osnabrück und soll im November stattfinden. Konkrete Projekte sind daraus bislang noch keine entstanden.
Wie kann die Kirche mit dem Spagat umgehen, sich gemäß dem Leitsatz der Bewahrung der Schöpfung für eine nachhaltige Landwirtschaft einzusetzen und gleichzeitig allen Landwirten zur Seite zu stehen?
Meister: Die Unterschiede zwischen biologischer und konventioneller Landwirtschaft relativieren sich zunehmend. Die Landwirtschaft ist mittendrin in einem Wandel zu mehr Tierwohl und regenerativer Landnutzung. Alle Landwirtsfamilien arbeiten auch unabhängig von der Frage, ob sie ihre Betriebe biologisch oder konventionell bewirtschaften, daran, ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte miteinander in Einklang zu bringen. Deshalb ist etwa für die Auswahl von Pächtern kirchlicher Ländereien die Frage nach konventioneller oder biologischer Landbewirtschaftung nur eine unter mehreren. Es spielen auch soziale und ökonomische Faktoren wichtige Rollen.