Seit September steht die Medizinerin Thela Wernstedt an der Spitze der Klosterkammer Hannover. Zu deren Aufgaben gehört die Erhaltung zahlreicher Klöster und historischer Gebäude. Jetzt wird Wernstedt offiziell in ihr Amt eingeführt.
Hannover. Der schönste Job in Niedersachsen? Thela Wernstedt schmunzelt, wenn die Rede auf dieses Bonmot des früheren Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf kommt. „Das habe ich bestimmt schon 40-mal gehört.“ Denn der schönste Job im Land sei das Präsidentenamt der Klosterkammer Hannover, hatte Kopf einmal gesagt. Wernstedt hat dieses Amt jetzt seit neun Monaten inne. Seit September 2023 steht die 56-Jährige an der Spitze der staatlichen Sonderbehörde zur Erhaltung früherer Kirchengüter. „Es gibt hier eine Fülle an schönen Aufgaben, es ist wirklich eine große Freude“, sagt sie. Am Sonnabend (1. Juni) wird sie bei einem Festakt mit geladenen Gästen im Kloster Wennigsen bei Hannover offiziell in ihr neues Amt eingeführt.
Die Klosterkammer verwaltet vier Stiftungen mit einem riesigen historischen Schatz: 15 Klöster und Stifte gehören dazu, 43 Kirchen, rund 800 meist denkmalgeschützte Gebäude sowie etwa 12.000 Kunstgegenstände. Und jede Menge Grundbesitz, darunter ausgedehnte Wälder. Durch die Auflösung von Klöstern seit der Reformationszeit waren diese Güter an den Staat gefallen – mit der Gründung der Klosterkammer 1818 wurden sie dann als Stiftungsvermögen festgelegt und vom Staat getrennt. „Diese Konstruktion ist einmalig in Deutschland“, betont Wernstedt. Mit ihrer „besonderen Mixtur“ sei die Klosterkammer ebenso unabhängig vom Staat wie von den Kirchen, aber trotzdem auf beide eng bezogen.
Ihre Zentrale hat die Klosterkammer in einem altehrwürdigen, weißen Dienstgebäude mit klassizistischen Säulen und Giebeln in Hannovers Oststadt. Im Herbst hat Thela Wernstedt hier das Büro der Präsidentin bezogen. Die rot-grüne Landesregierung hatte die Ärztin und frühere SPD-Landtagsabgeordnete zur Nachfolgerin des CDU-Mannes Hans-Christian Biallas berufen, der im Februar 2022 überraschend gestorben war.
„Das historische Erbe bedeutet eine große Verantwortung für die Gegenwart“, sagt Wernstedt. So wolle die Klosterkammer als größte nichtstaatliche Grundbesitzerin im Land ihre Flächen künftig verstärkt dafür nutzen, erneuerbare Energien zu produzieren und auf diese Weise zum Klimaschutz beizutragen. Sie folge damit dem Beispiel des Landes, das sich dieses Ziel ebenfalls auf die Fahnen geschrieben hat. Schon an mehreren Orten seien Windkraft- oder Photovoltaik-Anlagen geplant. „Da kommen jetzt richtig viele Dinge in Gang.“
Windrädern sei dabei der Vorzug zu geben, da sie weniger Bodenfläche verbrauchten, erläutert die Präsidentin. Photovoltaik kann sie sich vor allem auf Dachflächen vorstellen, auch auf denen historischer Gebäude. Sogar auf Kirchendächer ließen sich Solaranlagen setzen, sofern die Dächer das Gewicht aushielten. „Wir wollen das Ganze aber mit einem ästhetisch-historischen Augenmaß machen.“
Schöner Nebeneffekt: „Man kann damit auch schlicht Geld verdienen“, sagt Wernstedt. „Und das ist für uns natürlich auch ein wichtiges Ziel.“ Denn nur wenn die Kammer genügend Einnahmen erziele, könne sie ihren Zweck erfüllen, die historischen Güter zu erhalten und zudem Geld an soziale, kirchliche oder bildungsbezogene Projekte auszuschütten. Geld verdient die Kammer auch durch Land- und Forstwirtschaft sowie durch die Vergabe von Erbbaurechten. Mit rund 17.000 Verträgen ist sie die größte Ausgeberin von Erbbaurechten in Deutschland.
Aus den Einnahmen steckt die Kammer rund sechs Millionen Euro pro Jahr in die bauliche Erhaltung der Klöster und Stifte. Gegenwärtig leben dort in kleinen Konventen etwa hundert alleinstehende evangelische Frauen, meist nach der Berufsphase. Thela Wernstedt kann sich vorstellen, dass es noch mehr werden. Denn das Leben in einem Kloster sei durchaus attraktiv: „Für viele Frauen, die älter geworden sind, kann es schön sein, weiterhin aktiv zu bleiben und nicht allein zu sein. Sie können hier in schöner Umgebung in einer christlichen Gemeinschaft leben und sich trotzdem auch mal zurückziehen.“
Für die Zukunft sieht die Präsidentin eine große Aufgabe. „Wichtig wird sein, in die heterogene niedersächsische Bevölkerung hinein zu transportieren, dass der Erhalt dieser Gebäude und Kunstgegenstände auch für zukünftige Generationen wichtig ist“, sagt sie. „Auch für Menschen, die anderen Religionen angehören, und für Menschen, die nicht an einen Gott glauben.“ Und sie verspricht: „In meiner Amtszeit werde ich hart daran arbeiten, dass es die Klosterkammer auch in 200 Jahren noch gibt und dann auch noch die Dinge so tun kann, wie wir sie heute tun.“