„Demokratiebildung bereits ab der Grundschule nötig“

Landesschülerrat Niedersachsen berät Schwerpunktthemen in Loccum
Mehrere junge Menschen sitzen an einem Tisch und diskutieren.
Bild: Lothar Veit/Landeskirche Hannovers

Loccum. Demokratie ist kein Selbstläufer. Davon sind die Mitglieder des Landesschülerrates Niedersachsen überzeugt. Deshalb stand das Thema Demokratiebildung ganz oben auf der Tagesordnung des jüngsten Treffens in Loccum. Ein Wochenende lang kamen die neugewählten Schülervertreterinnen und -vertreter zur Klausurtagung im Religionspädagogischen Institut (RPI) zusammen, um ihre zweijährige Amtszeit zu planen.

„In Loccum haben wir die Möglichkeit, uns über viele verschiedene Dinge auszutauschen, die uns beschäftigen“, sagte Marie Sievers, Vorstandsmitglied des Landesschülerrates. Und das hat bereits Tradition. „Wir wollen von den Schülerinnen und Schülern lernen, was für sie eine gute Schule ist“, betonte Dr. Kerstin-Gäfgen-Track, Leiterin der Bildungsabteilung der Landeskirche und Bevollmächtigte gegenüber dem Land Niedersachsen. Die Kirche spreche mit dem Kultusministerium, mit Schulleitungen, Lehrkräften und Eltern – da sei es selbstverständlich, dass sie auch mit Schülerinnen und Schülern spreche.

Die Sorge um die Demokratie eint Kirche und Schule. „Für uns als Landesschülerrat steht außer Frage, dass es in Schulen noch zu wenig Demokratiebildung gibt. Das muss gestärkt werden“, erklärte Matteo Feind, Vorsitzender des Landesschülerrates. „In der Schule muss die demokratische Partizipation bereits ab der Grundschule gelehrt und gelebt werden.“

Unlängst hatte eine Studie ein pessimistisches Bild der heutigen Jugend gezeichnet – und seitens der 14- bis 29-Jährigen von einem möglichen zweistelligen Wahlergebnis für die AfD berichtet. „Das hat mich schon überrascht“, so Kerstin Gäfgen-Track. „Deshalb muss in der Schule immer wieder sensibilisiert werden für Antisemitismus und für Antiislamismus. Nur so werden wir diesem Problem irgendwie beikommen.“

Zwei junge als Männer lesbare Personen leiten eine Sitzung.
Bild: Lothar Veit/Landeskirche Hannovers
Eduard Hillgert (2. Vorsitzender, links) und Matteo Feind (1. Vorsitzender).
Mehrere junge Menschen sitzen in einem Sitzungsraum an Tischen.
Bild: Lothar Veit/Landeskirche Hannovers
Die Vollversammlung des Landesschülerrates kam zur Sitzung in Loccum zusammen.

Hierbei spielt auch die religiöse Bildung eine Rolle. „Bei den Schülerinnen und Schülern bestand Einigkeit, wie wichtig eine religiöse Grundbildung für alle in der Schule ist“, sagte Dorothea Otte, Referentin für Religionsunterricht der evangelischen Kirchen in Niedersachsen. Das merke man aktuell besonders am fehlenden Hintergrundwissen im Palästinakonflikt.

Darüber hinaus wünschten sich die Beteiligten die stärkere Berücksichtigung religiöser Fragen im Politikunterricht, denn vieles sei sonst gar nicht zu verstehen. „Es herrschte durchaus Verblüffung, als ich erklärte, dass Deutschland das einzige Land ist, das den Religionsunterricht verfassungsmäßig abgesichert hat“, so Dorothea Otte, die den Schülerinnen und Schülern unter anderem von den Plänen zur Einführung eines von evangelischer und katholischer Kirche gemeinsam verantworteten Christlichen Religionsunterrichts berichtete.

Ein Dauerbrenner beim Landesschülerrat ist das Thema Bildungsgerechtigkeit. „Kinder von Eltern mit Abitur besuchen immer noch deutlich häufiger ein Gymnasium als Kinder von Eltern mit anderen Schulabschlüssen“, sagte Vorstandsmitglied Moritz Seeländer. „Es kann nicht sein, dass sich schon mit zehn Jahren der gesamte berufliche Werdegang der Schülerinnen und Schüler entscheidet.“ Um diese Chancenungerechtigkeit zu überwinden, müsse über grundlegende Änderungen im Schulsystem diskutiert werden, so Seeländer.

Dorothea Otte dankte den Mitgliedern der Schülervertretungen für ihr Engagement, das viel Zeit und Kraft koste und mitunter sogar die schulischen Leistungen beeinträchtige. Sie wünschte ihnen Lehrkräfte und Schulleitungen, die diese Arbeit zu würdigen wüssten und sie unterstützten. Dies sei nicht immer so: „Ständig wird den jungen Menschen vorgehalten, ihren ‚Hauptjob‘ Schülerin und Schüler nicht ernst genug zu nehmen.“ Umso wichtiger sei es, dass die Kirche auch weiterhin Räume für den gemeinsamen Austausch zur Verfügung stelle.

Lothar Veit | EMA