Diakonie-Chef für verstärkten Einsatz von Robotern in der Pflege

Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke sieht wachsenden Personalmangel
Eine weiblich gelesene Person sitzt im Rollstuhl. Vor ihr steht ein Roboter, der einem Jungen nachempfunden ist, Mund und Augen leuchten blau, mit orangener Latzhose und blauer Mütze.
Bild: Jens Schulze

Hannover. Der niedersächsische Diakonie-Chef Hans-Joachim Lenke hat sich dafür ausgesprochen, den Einsatz von Robotern in der Pflege von alten und kranken Menschen voranzutreiben. So könnten etwa Heberoboter dazu beitragen, die Pflegekräfte körperlich zu entlasten, sagte Lenke in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) zum Internationalen Tag der Pflegenden am Sonntag (12. Mai). Zudem könnten soziale Roboter einen Teil der sozialen Interaktion in der Pflege übernehmen: „Auch um dem immer größer werdenden Personalmangel entgegenzuwirken.“ Die Diakonie gehört zu den großen Trägern der Pflege in Niedersachsen.

Lenke zufolge werden in den nächsten Jahren zahlreiche Pflegekräfte aus der Generation der „Babyboomer“ in den Ruhestand gehen, also der Menschen, die bis 1968 geboren wurden. Sie machten derzeit etwa 40 Prozent der Pflegekräfte aus. Ihr Ruhestand werde eine große Lücke hinterlassen. „Der Nachwuchs ist da, aber bei weitem nicht in der Zahl, die wir für die Aufrechterhaltung des derzeitigen Systems benötigen“, erläuterte Lenke. „Diese Lücke werden wir auch nicht durch Pflegekräfte aus dem Ausland schließen können.“

Um neue Pflegekräfte zu gewinnen, müsse der Alltag in der Pflege effizienter organisiert werden, um die Attraktivität des Berufs zu erhöhen. „Der ganze Digitalisierungsbereich muss vorangetrieben werden“, forderte Lenke. „Es geht darum, bürokratische Abläufe und Dokumentationspflichten so schlank und effizient wie möglich zu gestalten, damit die immer weniger werdenden Pflegekräfte am Menschen und in der tatsächlichen Pflege eingesetzt werden können und nicht am Faxgerät.“

Eine männlich gelesene Person in blauem Jackett und mit Krawatte, mit raspelkurzen grauen Haaren und Brille, guckt aufmerksam in die Kamera.
Bild: Jens Schulze
Hans-Joachim Lenke ist Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen.

So müsse die Dokumentation der Pflege mit Tablet und Sprachsteuerung möglich sein: „Damit ich nicht eine Papierakte mit mir herumschleppen und alles händisch in fünf Formulare eintragen muss“, sagte Lenke. „Das wäre sonst so ähnlich, wie wenn jemand an einem Commodore-64-Computer seinen Bürojob verrichten sollte. Da würde doch auch jeder sagen: Das mache ich nicht.“

Wichtig sei auch, Pflegekräften mehr Verantwortung zu übertragen. „Bei unseren europäischen Nachbarn haben Pflegekräfte einen anderen Kompetenzrahmen, in dem sie sich bewegen“, sagte der Diakonie-Chef: „Unsere Pflegekräfte sind sehr gut ausgebildet, viele haben sich auf bestimmte Themen wie die Wundversorgung oder die palliative Versorgung spezialisiert. Dieses Know-How muss auch eingesetzt werden dürfen, und zwar selbstständig und ohne permanente ärztliche Verordnungspflicht. Das würde auch die Ärztinnen und Ärzte entlasten.“

Die Bezahlung der Pflegekräfte habe sich inzwischen verbessert, sagte Lenke: „Es hält sich ja immer noch hartnäckig die Erzählung der schlecht bezahlten Pflegekräfte. Da muss man sagen, dass das so nicht mehr stimmt.“ In den vergangenen Jahren habe es mehrere Tarifsteigerungen und ein Tariftreuegesetz gegeben.

Das Stichwort: Internationaler Tag der Pflegenden

Der Internationale Tag der Pflegenden („International Nurses Day“) am 12. Mai wird in Deutschland seit 1967 veranstaltet. Es ist der Geburtstag der Britin Florence Nightingale, der Begründerin der systematischen Krankenpflege. Der Verdienst der Pionierin ist es, nicht nur selbst aktiv gepflegt, sondern in mehreren europäischen Ländern die pflegerische Praxis beobachtet zu haben. Die Erkenntnisse daraus nutzte Nightingale, um die Ausbildung in England zu professionalisieren.

Florence Nightingale wurde am 12. Mai 1820 in Florenz geboren und starb am 13. August 1910 in London. Die Tochter einer wohlhabenden Familie erlangte große nationale Verehrung, als sie als Krankenschwester im Krimkrieg (1853-1856) tätig war. In die britische Folklore ging sie als „Lady with the Lamp“ (Dame mit der Lampe) ein, weil sie die Kranken im Lazarett mit einer Petroleumlampe in der Hand besuchte.

Auch in Deutschland machen am 12. Mai Pflegeorganisationen und Wohlfahrtsverbände mit Infoständen, Demonstrationen und Kundgebungen auf die Nöte ihrer Branche aufmerksam. Den Experten macht vor allem die Demografie Sorgen: Deutschland wird immer älter. Und weil mit dem Alter das Risiko steigt, pflegebedürftig zu werden, wird vermehrt Fachpersonal für Einrichtungen und Dienste gesucht. (epd)

epd-Gespräch: Michael Grau