Emden. Mit einem Festakt haben Kirchenvertreterinnen und Kirchenvertreter in Emden die seit 50 Jahren bestehende Leuenberger Konkordie gewürdigt. Das 1973 im schweizerischen Leuenberg verabschiedete Dokument beendete die nahezu fünf Jahrhunderte währende Kirchenspaltung zwischen den reformierten und den lutherischen Kirchen. Heute verstehe sich diese Kirchengemeinschaft als „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“ (GEKE), hob die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, am Donnerstag in der Emder Johannes a Lasco Bibliothek hervor: „Sie will und soll zu ethischen, gesellschaftlichen und politischen Fragen gehört werden.“
Zentrales Element der Leuenberger Konkordie (wörtlich: Zusammenherzigkeit) sei die Haltung einer „Gemeinschaft in versöhnter Verschiedenheit“. „Europa hat nach der Reformationszeit bitter erfahren müssen, welche verheerenden Folgen es haben kann, wenn wir einander nicht tolerieren und die Rechte von Fremden nicht achten“, sagte Kurschus laut Redemanuskript. „Gerade erleben wir wieder, wie gefährdet unsere europäische Ordnung ist – und wie fragil der Friede.“
Der Generalsekretär der GEKE, Mario Fischer, betonte die Bedeutung der europäischen Idee für die evangelischen Kirchen. Erst im Februar habe die GEKE beim Europarat den Status einer internationalen Nichtregierungsorgansation (NGO) beantragt. Dies solle den Mitgliedskirchen ermöglichen, mehr Informationen über die Arbeit des Europarats zu erhalten und durch Expertise die Diskurse am Europarat mitzugestalten, sagte der Wiener Pfarrer.
Fischer zufolge wird die Stimme der Kirchen in der EU vor allem dann gehört, „wenn sie Minderheitspositionen aufgreifen, nicht aus einer privilegierten Position heraus argumentieren, grundlegende Überlegungen anstellen, die zur Orientierung dienen und als Anwälte für Entrechtete eintreten“.
Die Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierte Kirche, Susanne Bei der Wieden, räumte ein, es sei keine leichte Aufgabe, „Europa und die Kirche in diesen ungewissen Zeiten des Wandels zu gestalten und für die Zukunft aufzustellen.“ Dennoch hoffe sie, dass auch 2073 noch von der Leuenberger Konkordie berichtet werde. „Wir haben große Aufgaben vor uns. In Europa. In der Kirche. Jeder und jede vor und hinter den eigenen Toren und Türen – und wir gemeinsam.“
Mit der am 16. März 1973 in Leuenberg bei Basel verabschiedeten Konkordie erkennen die lutherischen, reformierten und unierten Kirchen in Europa gegenseitig das Abendmahl und die Taufe, die Ämter und die Art der Verkündigung an. Verurteilungen wegen vermeintlicher Irrlehren wurden gestrichen.
Inzwischen haben 95 Kirchen aus nahezu allen europäischen und einigen südamerikanischen Ländern die Konkordie unterzeichnet. Jüngstes Mitglied der GEKE ist seit September 2022 die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in der Ukraine.