Hildesheim. Das Singen als Ausdrucksmittel habe in Zeiten von Corona sehr gelitten, "vor allem die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Gruppen", bedauert Domkantor Michael Čulo. Weil aber Singen "für die emotionale und spirituelle Bildung immens wichtig ist", wie Superintendent Mirko Peisert formuliert, bündeln der evangelische Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt und der Hildesheimer Dom die Kräfte und gehen mit dem kostenlosen Angebot einer ökumenischen Singschule im Einzugsgebiet Stadt-Mitte ab Herbst an den Start.
"Zusammen erreichen wir mehr", ist Peisert überzeugt. "Ein Angebot mit Strahlkraft für Kinder und Jugendliche", freut sich Michael Čulo, dessen Leitungsstelle von beiden Kirchen finanziert wird. Čulo leitet schon die Mädchenkantorei, das Flaggschiff der Dommusik mit fast professionellem Standing, wie Weihbischof und Domdechant Heinz-Günter Bongartz beteuert. "Wenn die singen, jubelt der Dom."
Die Domsingknaben dagegen "dümpeln so vor sich hin". Die Frage der Nachwuchswerbung nach Corona stand im Raum. "Als Kirche haben wir das Anliegen, Menschen für Kirche und Liturgie zu gewinnen - und das geht am Besten über das Singen", ist der Weihbischof überzeugt.
Es brauche Orte, an denen sich Kinder und Jugendliche entfalten "und sich gleichzeitig als Individuen in einer größeren Gemeinschaft einbringen können".
Čulo als Domkantor und dessen Ehefrau Angelika Rau-Culo, Kirchenmusikdirektorin an St. Michaelis, hätten ein gut geplantes Fundament für eine ökumenische Singschule vorgelegt, in dem "wir trotz unterschiedlicher Vorgaben im ökumenischen Geist Jungen und Mädchen einladen, miteinander zu singen", so Bongartz. Er bezeichnet es als "etwas ganz Großes, sich gemeinschaftlich als Ganzes zu erleben". Čulo ergänzt: "Wir lernen uns, unsere Traditionen und Gottesdienste kennen und gegenseitig wertschätzen."
Michael Čulo will Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 19 Jahren nach Alter, Fähigkeiten und Geschlecht in der Gruppe, aber auch individuell begleiten. "Der Stimmwechsel der Jungs kommt früh. Wenn sie bis dahin nicht singen, wird Fußball interessanter", beschreibt er ein Problem. Geprobt wird vorrangig christliche Musikliteratur in verschiedenen Gruppen dienstags, mittwochs und freitags in der Domsingschule am Domhof und im Gemeindehaus St. Lamberti. Die Mädchenkantorei ist Endstation auf der Erfolgsleiter der Singschule. "Bei den Jungs sind wir im Aufbau."
Um die musikalische Früherziehung (von 2 bis 6 Jahren) kümmert sich Angelika Rau-Čulo im Rahmen ihrer Arbeit als Kirchenmusikdirektorin. Schon vor Corona hat die Kantorin Kitas in der Stadtmitte besucht und rund 35 kleine Sänger und Sängerinnen im Team. "Das Singen mit Kindern zu stärken, war von Anbeginn ein Herzensanliegen von ihr", erinnert sich Mirko Peisert an Rau-Čulos Start vor knapp vier Jahren.
"Mir ist schon damals aufgefallen, dass nichts groß gedacht war", bestätigt sie. Das soll sich mit der ökumenischen Singschule ändern. Bongartz betont, dass Ökumene nicht immer Parität bedeutet. "Auch in der am Domhof angesiedelten Mädchenkantorei singen evangelische Mädchen." Mit der ökumenischen Chorgemeinschaft wolle man zusammenführen, was existiert und das weiterdenken und ausprobieren. "Es wird sich zurechtzuppeln", ist Bongartz überzeugt.
Bisher gehören 40 Mädchen (6 bis 19 Jahre) und zehn Jungen (6 bis 13 Jahre) zum Chor, der offiziell nach den Sommerferien startet und sich auf neue Mitsingende freut. Eine erste Schnupperprobe ist am 22. August in der Domsingschule angesetzt. Čulo will weiter auch mit Schulen zusammenarbeiten. "Das ist eine Frage von Ressourcen. Wir wollen in der Zukunft Singpaten und -patinnen ausbilden, die in Kitas und Schulen für den Chor werben." Natürlich solle nicht nur das Singen geübt werden, sondern es sind auch Auftritte in verschiedenen Kirchen geplant. "Das ist deren ganzer Stolz", weiß Bongartz.