Osnabrück. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat den Deutschen Evangelischen Kirchentag aufgefordert, den Umgang des christlichen Laientreffens mit sexualisierter Gewalt stärker aufzuarbeiten. Auch der Kirchentag in der vergangenen Woche in Nürnberg habe das Thema nur sehr am Rande behandelt, sagte Meister am Samstag beim regionalen Ökumenischen Kirchentag in Osnabrück.
In den 1970er Jahren seien auch auf Kirchentagen Gruppen aufgetreten, die Sexualität mit Kindern propagiert hätten. „Der Kirchentag hat das bis heute nicht geschafft, das aufzuarbeiten“, sagte Meister während einer Podiumsdiskussion. Er versprach, beim kommenden Kirchentag in Hannover werde sich das ändern. Das Großereignis soll vom 30. April bis zum 4. Mai 2025 in der niedersächsischen Landeshauptstadt gefeiert werden.
Meister betonte, vor 40 Jahren sei in der evangelischen Kirche die Freiheit hochgehalten worden. Dadurch sei es auch zu sexualisierter Gewalt gekommen. „Die große Freiheit führte zu einer Übergriffskultur.“
Der Kölner Stephan Rixen, Jurist und Mitglied des Deutschen Ethikrats, forderte den Staat auf, sich mehr in die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in den Kirchen einzumischen. Die Kirchen dürften nicht damit durchkommen, sich auf ein eigenes Datenschutzrecht zu berufen, das dem Schutz der Institution diene.
Karl Haucke, ebenfalls aus Köln, verlangte als Betroffener von beiden Kirchen, nicht länger die Deutungshoheit über die Fälle sexualisierter Gewalt für sich zu reklamieren. Stattdessen sollten die Betroffenen angehört und ernst genommen werden. Die katholische Kirche forderte er auf, Machtstrukturen zu verändern, anstatt sich „hinter der Scham zu verstecken“. Haucke ist Betroffener körperlicher, sexualisierter und spiritueller Gewalt in einem katholischen Ordensinternat.