Für eine Zukunft des Friedens

Andacht zum 1. Sonntag nach Trinitatis
Vor zwei großen Kirchen steht eine Bühne und eine riesige Menschenmenge.
Bild: Katholikentag/Michael Kremer

Die Autorin

Eine als Frau lesbare Person lehnt in einer Kirche an einer Holzsäule.
Bild: Jörg Donecker
Dr. Anne Helene Kratzert

Dr. Anne Helene Kratzert ist Kirchentagspastorin.

Wenn diese Andacht erscheint, wird gerade der Katholikentag in Erfurt zu Ende gehen. Unter dem schönen Leitwort „Zukunft hat der Mensch des Friedens“ werden sich zwischen dem 29. Mai und 2. Juni Menschen vieler verschiedener Herkünfte, Farben und Konfessionen in Erfurt versammelt haben, um miteinander ihren Glauben zu feiern. Auch Menschen aus dem Team des Kirchentages packen mit an, als Helfer*innen, Unterstützer*innen. Der Katholikentag wird auch ein Fest der Ökumene gewesen sein.

Das Wort Ökumene stammt aus dem Griechischen und bedeutet „dasselbe Haus“. Ökumene hat etwas damit zu tun, dass Menschen in einem Haus, unter einem Dach zusammenkommen. Und ich denke dieser Tage viel darüber nach, wie uns das gelingen kann: Zusammenzubringen, was sehr weit auseinandersteht: Politische Lager, Interessensverbände, Internetbubbles und die vielen einsamen Seelen, die sich auch unter 5G in unserer Gesellschaft zunehmend unverbunden fühlen.

Ich finde: Wir haben als Kirche eine ökumenische Funktion und eine ökumenische Aufgabe. Und damit meine ich nicht die Frage nach Abendmahlsgemeinschaft oder Amtsverständnis. Sondern das Zusammenbringen der Menschen unserer Gesellschaft unter ein Dach. In ein Haus. In einen Raum. In diesem Raum kommen wir zusammen als Sünder*innen und Erlöste, als Gerechte und Schuldige. In diesem Raum wissen wir um die Grundkompromittiertheit menschlicher Moral. Und als solche Schicksalsgemeinschaft in der Nachfolge Adams hören wir einander zu. Urteilen nicht. Hören hinter dem Geschrei den Schmerz. Hinter dem Neid die Frage nach Gerechtigkeit und Vergleichbarkeit von Lebenschancen in unserem Land. Sehen hinter der Parole die Suche nach Identität.

Ökumene ist schwer. Das weiß jeder, der mit Menschen unter einem Dach lebt. Aber wir glauben doch seit dem ersten Pfingstfest vor 2000 Jahren: Bei Gott ist kein Raum für Verstummen und Nicht-Kommunikation. Sondern in Gottes Nähe herrscht ein Geist, in dem ich sogar den mir ganz und gar Fremden verstehe. Ich wünsche mir eine ökumenische Kirche, die nicht aufhört, um diesen Geist zu bitten und in diesem Geist zu handeln.

Das wird feurig werden, keine Frage. Das wird unbequem und heiß. Aber verbrennen wird es uns nicht. Im besten Fall ist es ein Weg in eine Zukunft des Friedens. Gott hat über uns sein Dach aufgespannt. Darunter können wir das Leben in der Vielfalt unserer Bedürfnisse und Lebensgeschichten ausprobieren und so führen, dass jede und jeder zu ihrem und seinem Recht kommt.

Es wäre den Versuch wert.

Biblischer Text,
Psalm 37,37
Achte auf den Lauteren und sieh auf den Redlichen, denn Zukunft hat der Mensch des Friedens.
Dr. Anne Helene Kratzert