Nehmt einander an

Andacht zum 3. Advent
Gemeinschaft
Bild: Pexels

Der Autor

Dr. Johannes Neukirch
Dr. Johannes Neukirch

Dr. Johannes Neukirch ist Pastor der Martin-Luther-Kirchengemeinde Hannover-Ahlem.

Das Richtige schenken. Den richtigen Weihnachtsbaum kaufen. Das magenfreundliche Weihnachtsmenü. Ohne Stress durch den Heiligen Abend. Friedlich zusammen feiern. Tipps bei Einsamkeit. Die Advents- und Weihnachtszeit ist ein Fest für alle, die Ratschläge und Ratgeber in den Medien verbreiten. Und jetzt kommt auch noch der Apostel Paulus. Am dritten Advent geht es – jedenfalls im für die Predigten vorgesehenen Text – einmal nicht nicht um Jauchzen und Frohlocken. Es geht um einen ganz nüchtern vorgebrachten Ratschlag des Paulus, oder sollte ich besser sagen um eine Ermahnung: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre.“

Gut, dieser Satz passt unter die adventlich-weihnachtliche Überschrift „Frieden“. Besonders prominent vorgebracht von den vielen Engeln auf dem Felde bei den Hirten, die laut riefen „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen“. Fehlt in keinem Krippenspiel. Funktioniert meist nicht so richtig.

Schaffen wir es einfach nicht, uns gegenseitig anzunehmen? Oder übersehen wir da vielleicht etwas, das uns weiterbringen könnte?

Die eben erwähnten Ratgeber haben jedenfalls alle dasselbe Konzept: Das Leben ist machbar, und wir haben die Kontrolle über unser Leben. Anders gesagt: Jeder und Jede ist ganz alleine seines und ihres Glückes Schmied. Das sitzt ganz tief. Als die Strickgruppe in meiner Gemeinde Selbstgestricktes verkaufen wollte und sagte, dass der Erlös den Obdachlosen zugute kommen soll, war einmal der Spruch zu hören: „Die sind doch selbst schuld an ihrer Obdachlosigkeit.“

Paulus hat ein ganz anderes Konzept: Unermüdlich kämpft er um die Einheit seiner Gemeinden, die aus ganz verschiedenen Menschen zusammengesetzt waren. Da gab es tief reichende kulturelle und religiöse Unterschiede. Gegen die damit verbundenen Auseinandersetzungen stellt er den Satz „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre.“ Weil Jesus Christus der Herr der Welt ist, weil er ALLE Menschen retten will, ist die logische und emotionale Konsequenz, dass wir uns gegenseitig annehmen. Jenseits aller verschiedenen Lebensstile und Einstellungen.

Das Glück des Lebens, das christliche Glück, liegt für Paulus in der Gemeinschaft. Seine christliche Lebenskunst arbeitet daran, sich gegenseitig zu akzeptieren, anzuerkennen, zu unterstützen, zu lieben. Das bleibt unsere adventlich-weihnachtliche Aufgabe.

Predigttext,
Römer 15,4–13
Denn was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben. Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, wie es Christus Jesus entspricht, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus. Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre. Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Beschneidung geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind; die Heiden aber sollen Gott die Ehre geben um der Barmherzigkeit willen, wie geschrieben steht: »Darum will ich dich loben unter den Heiden und deinem Namen singen.« Und wiederum heißt es: »Freut euch, ihr Heiden, mit seinem Volk!« Und wiederum: »Lobet den Herrn, alle Heiden, und preisen sollen ihn alle Völker!« Und wiederum spricht Jesaja: »Es wird kommen der Spross aus der Wurzel Isais, und der wird aufstehen, zu herrschen über die Völker; auf den werden die Völker hoffen.« Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.
Dr. Johannes Neukirch