Warten auf den Geist

Andacht zu Pfingsten
Stosslüften
Bild: Pixabay

Der Autor

Landesbischof Ralf Meister Kloster Loccum
Bild: Insa Hagemann
Landesbischof Ralf Meister

Ralf Meister ist Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers.

Menschen warten. Auf den Befund. Auf den Erfolg. Auf die Liebe. Darauf, dass Leid ein Ende hat oder das Leben endlich anfängt. Zwei Männer „warten auf Godot“ im Schauspiel von Samuel Beckett. Sie wissen gar nicht, wer das ist. Aber sie hoffen, mit ihm wird es gut. Mit ihm lösen sich die Rätsel. Alles fügt sich und das Leben geht wieder auf.

So warten am Pfingsttag die Jünger und wissen selbst nicht, worauf. Sie sind beisammen, aber wissen nichts anzufangen. Alles ist zum Erliegen gekommen. Doch dann geschieht es. Als eben noch alle zu Boden starren, sagt der eine: Hej, ich weiß was. Und der nächste: Ich hab’ ne Idee. Und der dritte: Kommt, wir versuchen was. Und der vierte: Los, wir gehen raus!

Meine Mutter hat immer zum „Stoßlüften“ geraten. „Fenster und Türen auf Durchzug. Einmal ein kompletter Luftaustausch, damit das Verbrauchte hinaus- und das neue hereinkommt.“ Als die Jünger damals im Haus festsitzen mit ihren verbrauchten Ideen, werden sie durchgeweht. Gott reißt ihnen Fenster und Türen auf. Mit dem Wind kommt die Energie, die sie wie mit Feuerzungen durchströmt. Sie gehen hinaus und sprechen, wie sie es noch nie getan haben.

Ein Wind weht durch den Stillstand und ein neuer Geist in die Leere. Das ist Pfingsten. Gut, dass es diesen Geist gibt. Ich brauche ihn. Wir brauchen ihn wohl alle hin und wieder, wenn die Dinge ins Stocken kommen. Aus diesem Geist entsteht die Kirche. Sie braucht diesen Geist immer wieder. Wo er weht, kommt Lebendigkeit auf.

Wir sollen sagen dürfen: Das gibt es. Das kann passieren. „Der Geist hilft unserer Schwachheit auf.“ Nicht nur das Warten gehört zum Leben, sondern das andere auch. Gut, dass es ihn gibt, diesen Geist, der lebendig macht. Er ist von Gott in die Welt gesandt und weht unverhofft wie und wo er will. Wir werden Energie finden und hinausgehen. Es ist uns verheißen, dass wir geist-voll sein werden, geist-reich und voll von neuem Leben; brechen wir auf!

Amen.

Predigttext,
Johannesevangelium 14,15–19
Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten. Und ich will den Vater bitten und er wird euch einen andern Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit: den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein. Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch. Es ist noch eine kleine Zeit, dann sieht die Welt mich nicht mehr. Ihr aber seht mich, denn ich lebe, und ihr sollt auch leben.
Landesbischof Ralf Meister