Die Glaubenstat

Andacht zum Sonntag Judika
Ein altes Gemälde auf dem ein Engel zu sehen ist, der Abraham davon abhält Isaak zu töten.
Bild: Francesco Guardi (Italian, 1712-1793) von Cleveland Museum of Art CC0 Images / Canva

Der Autor

Christian Plitzko
Bild: privat
Pastor Christian Plitzko

I Die Glaubenstat

„Du! Ja, genau Du. Ich bin Dein Gott.“ „Oh, mein Gott. Ja, ich kenne Dich. Ich habe mir schon viele Gedanken über Dich gemacht!“ „Töte Dein Kind für mich!“ „…???“ Ernsthaft…, Gott?“ „Ja! Töte Dein Kind!“ „Aber Gott!“ „Töte Dein Kind!“ „Oh, Gott. Du bist… groß. Viel grösser als ich. Aber…? „Ich bin Gott, Abraham. Ich weiß alles. Ich kann alles. Ich bin alles. Töte Dein Kind!“

II Der Glaubenszweifel

Ich kann mir nicht helfen. Was für krude Gedanken müssen da im Kopf von Abraham unterwegs gewesen sein. Ich bin erschrocken und entsetzt. Der Maler Caravaggio hat das ganze schrecklicherweise in Szene gesetzt. Abraham hält seinen Sohn mit zusammengekniffenen an der Kehle fest. In der anderen Hand das Messer. Isaaks starrt den Betrachter an. Sein Mund zum Schrei geöffnet.

III Die Gottesnamen

So wie bei der Geschichte von Noah auch, scheint Gott im Laufe der Erzählung eine Wandlung durchzumachen. Am Anfang die grausame Forderung. Am Ende die befreiende Nachgiebigkeit. Am Anfang heißt er unpersönlich Elohim; Götter. Am Ende Jahwe. Ein persönlicher Gott mit Namen, der den Engel zum Einhaltgebieten schickt.

IV Der Kopf

Was für verzerrte Gottesbilder in unseren Verstandesköpfen entsteht. Die theoretischen Höchste-Wesen-Prinzipen begründen Kriege und Mord. Und selbst wenn meine Gedanken ganz sicher nicht so martialisch sind, denke ich mir doch manchmal auch einen sehr harten und unnachgiebigen Gott zusammen.

V Das Herz

Der Abraham am Ende dieser Geschichte ist kein verbissener Grübler mehr. In meiner Vorstellung sieht er in die Augen seines Sohnes und erkennt den Lebendigen. Der warme schreiende Körper des Kindes in seinen Händen ist so herzberührend, dass seine Gedankengebäude zusammenstürzen. Gottseidank bist Du lebendig.

VI Dein Glaube

Denkst Du wirklich, Gott fordert Opfer von Dir? In dieser Geschichte predigt unserem Herz, Isaak. So wie Jesus begibt er sich unschuldig vertrauensvoll in die Hände desjenigen, der im Namen Gottes meint töten zu müssen. Wenn ich mir durch das Kind predigen lasse, dann predigt Gott zu uns nicht von oben, nicht durch den Kopf, sondern vielmehr von unten durch das angerührte Herz.

VII Konsequenzen

Ich frage mich manchmal, ob wir nicht doch noch konsequenter sein müssen im Nichtstun. Wer weiß, ob nicht wirklich die vertrauensvolle Hingabe in das Handeln Gottes die größte Tat zum Frieden ist.

Biblischer Text, Genesis 22,6–10
Und Abraham nahm das Holz zum Brandopfer und legte es auf seinen Sohn Isaak. Er aber nahm das Feuer und das Messer in seine Hand; und gingen die beiden miteinander. Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Mein Vater! Abraham antwortete: Hier bin ich, mein Sohn. Und er sprach: Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer? Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer. Und gingen die beiden miteinander. Und als sie an die Stätte kamen, die ihm Gott gesagt hatte, baute Abraham dort einen Altar und legte das Holz darauf und band seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar oben auf das Holz und reckte seine Hand aus und fasste das Messer, dass er seinen Sohn schlachtete.
Christian Plitzko