Zahl der Betroffenen von Sexualisierter Gewalt in der Landeskirche Hannovers

Nach der Veröffentlichung der ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche im Januar 2024 haben betroffene Personen kritisiert, dass die von der Landeskirche Hannovers veröffentlichte Zahl von betroffenen Personen zu niedrig sei. Bisher hatte die Landeskirche von mindestens 140 betroffenen Personen gesprochen.

So hatte sich Jakob Feisthauer bei der Landeskirche gemeldet. Feisthauer hatte 2002 als damals 15-jähriger Anzeige gegen einen Diakon erstattet, durch den er selbst und 44 weitere Betroffene in den Kirchengemeinden Großburgwedel und Nordholz Sexualisierte Gewalt erlitten hatten. Der Diakon wurde damals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nach Veröffentlichung der ForuM-Studie 2024 beantragte Feisthauer Akteneinsicht in die Unterlagen, die die Landeskirche an die ForuM-Studie übermittelt hatte. Neben anderen Punkten kritisierte Feisthauer, dass sich die Zahl der Betroffenen für den Fall, in dem er betroffen ist, nicht in der veröffentlichten Gesamtzahl der Betroffenen wiederfindet.

Die Landeskirche Hannovers hat gemäß den Anforderungen der ForuM-Studie für jede ihr bekannte betroffene Person, für die ihr qualitative Daten zur sexualisierten Gewalterfahrung aktenkundlich vorlagen, einen Fragebogen ausgefüllt. Hinzu kamen Fragebögen für jene betroffenen Personen, die eine Anerkennungsleistung für erlittenes Unrecht beantragt hatten. Diese Daten hat die Landeskirche an den Forschungsverbund der ForuM-Studie im "Teilprojekt E" übermittelt.

Weiter hat die Landeskirche dem Forschungsverbund auch die Anzahl derjenigen betroffenen Personen übermittelt, zu denen ihr nicht ausreichend Informationen vorgelegen haben, um jeweils einen eigenen Fragebogen auszufüllen.

In die Gesamtzahl der betroffenen Personen, die die Landeskirche bisher öffentlich genannt hat, wurden nur die Personen aufgenommen, für die ein Fragebogen ausgefüllt werden konnte. Hinzu kommen noch betroffene Personen, von denen die Landeskirche erst nach dem Stichtag für die Datenabgabe bei der ForuM-Studie erfahren hat. Die Zahl der betroffenen Personen, für die keine detaillierten Hinweise vorliegen, war bisher nicht in der Gesamtzahl enthalten.

Dieses hat die Landeskirche jetzt verändert. Mit den Zahlen aus dem Fall, in dem Jakob Feisthauer Betroffener ist, und den Zahlen aus weiteren vergleichbaren Fällen geht die Landeskirche Hannovers jetzt von mindestens rund 190 betroffenen Personen aus, die im kirchlichen Kontext Sexualisierte Gewalt erlitten haben.

"Auch wenn die anderen 44 Betroffenen, in dem Fall, in dem ich betroffen bin, nicht in der Öffentlichkeit auftreten wollen oder können: Das Leid, das wir erfahren haben, darf nicht vertuscht oder vergessen werden", sagt Jakob Feisthauer.

Die Landeskirche hat die Anfragen von Jakob Feisthauer und weiteren betroffenen Personen zum Anlass genommen, zu überprüfen, welche Zahlen in Zukunft noch in die Gesamtzahl der betroffenen Personen einfließen sollen. Dabei wird auch weiterhin gelten, dass es sich nicht um eine exakte Gesamtzahl handelt, sondern dass es wesentlich mehr betroffene Personen gibt als diejenigen, die der Landeskirche direkt, durch Dritte oder aus anderen Quellen bekannt sind.

„Seit 2002 habe ich oft erfolglos die Landeskirche auf kritische Punkte hingewiesen. Dass nun diese Anregung von mir und anderen betroffenen Personen aufgenommen wurde, ist für mich noch kein Beleg für ein Umdenken in der Landeskirche", sagt Jakob Feisthauer. Denn "die Landeskirche muss noch sehr viel nachholen; für eine Bewertung ist es zu früh", sagt Jakob Feisthauer.

Weitere Informationen

Der Betroffene Jakob Feisthauer steht für redaktionelle Nachfragen zur Verfügung.
Auf Anfrage an pressestelle@evlka.de stellt die Pressestelle die Kontaktdaten von Jakob Feisthauer zur Verfügung.

Hannover, den 1. Juli 2024

Pastor Benjamin Simon-Hinkelmann,
Pressesprecher Landeskirche Hannovers
Rote Reihe 6, 30169 Hannover
Telefon: (0511) 1241-399, Mobil: (0172) 2398461
E-Mail: benjamin.simon-hinkelmann@evlka.de