Kirchen in Niedersachsen und Bremen rufen zur Stärkung der Demokratie auf

Die Bischöfe und Leitenden Geistlichen in Niedersachsen und Bremen rufen in einer ökumenischen Erklärung anlässlich des 75-jährigen Jubiläums des Grundgesetzes dazu auf, die Demokratie zu stärken und Extremismus entgegenzutreten. „Die Demokratie ist nach unserer tiefen Überzeugung diejenige Staatsform, die die unantastbare Würde der Person am besten anerkennt und achtet sowie ein Leben in Freiheit schützt“, schreiben die Geistlichen der evangelischen Kirchen und katholischen Bistümer in Niedersachsen und Bremen.

Die Kirchen steigerten gegenwärtig ihren Einsatz für die Stärkung der Demokratie „um Gottes und der Menschen willen“. Mit dem Grundgesetz sei am 23. Mai 1949 die Grundlage für die Demokratie, in der wir heute leben, geschaffen worden. Die Präambel betone, dass dies „im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“ geschehen sei. „Wir wollen, dass Menschen hier in Recht und Freiheit leben können“, heißt es in dem Brief der Bischöfe und leitenden Geistlichen. „Dabei unterscheiden wir nicht zwischen Menschen nach ihrer Herkunft, sondern sehen alle Menschen als Geschöpfe Gottes an, denen die Menschenwürde gleichwertig zukommt.“

Mit Sorge sehen die Kirchen Bestrebungen, die Demokratie auszuhöhlen. „Wir erteilen deshalb allen extremistischen Bestrebungen eine klare Absage. Gegenwärtig beunruhigt uns besonders der wachsende Rechtsextremismus. Wir halten völkischen Nationalismus und Christentum für unvereinbar. Deshalb sind rechtsextreme Parteien für Christinnen und Christen nicht wählbar.“

Die evangelischen und katholischen Geistlichen bitten alle Wahlberechtigten, bei der Europawahl am 9. Juni 2024 die Demokratie in Europa zu stärken und Parteien, die extremistische Positionen und eine „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ vertreten, eine Absage zu erteilen. Dazu gehörten neben Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Antiziganismus, Sexismus, Homophobie oder Queerfeindlichkeit auch die Abwertung von Menschen mit Behinderungen oder von wohnungslosen Menschen. „Dies lehnen wir mit aller Deutlichkeit ab. Es widerspricht unserem christlichen Verständnis von der Würde aller von Gott geschaffenen Menschen.“

Als demokratischer Staat brauche die Bundesrepublik Deutschland eine demokratiebewusste Gesellschaft und Menschen, die sich die demokratischen Grundentscheidungen zu eigen machen. „Es ist unser Ziel, daran als christliche Kirchen in Niedersachsen und Bremen mitzuwirken.“

Die Erklärung der christlichen Kirchen in Niedersachsen und Bremen im Wortlaut

Engagiert, kritisch und konsequent. Demokratie stärken – um Gottes und der Menschen willen.

Erklärung der Bischöfe und Leitenden Geistlichen aus Niedersachsen und Bremen anlässlich des 75-jährigen Jubiläums des Grundgesetzes am 23. Mai 2024

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet, das zur Grundlage für die Demokratie wurde, in der wir heute leben. Die Präambel betont, dass dieses „im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“ geschehe. Angesichts des Jubiläums 75 Jahre Grundgesetz 2024 erklären die Bistümer und Landeskirchen in Niedersachsen und Bremen:

Wir stehen engagiert, kritisch und konsequent für die Demokratie ein und steigern gegenwärtig unseren Einsatz für die Stärkung der Demokratie auf den verschiedenen Ebenen kirchlichen Lebens. Wir haben aus unserer Geschichte gerade im vergangenen Jahrhundert gelernt, dass Christinnen und Christen, die zugleich Staatsbürgerinnen und -bürger sind, die Aufgabe haben, sich um der Menschen willen aktiv für das Gelingen menschlichen Zusammenlebens einzusetzen. Die Demokratie ist nach unserer tiefen Überzeugung diejenige Staatsform, die die unantastbare Würde der Person am besten anerkennt und achtet sowie ein Leben in Freiheit schützt.

Wir beteiligen uns bewusst am Jubiläum 75 Jahre Grundgesetz. Und wirken mit am Dialog um die Auslegung des Grundgesetzes angesichts veränderter Fragestellungen, neuer Handlungsmöglichkeiten und sich wandelnder gesellschaftlicher Überzeugungen, zum Beispiel beim Eintreten gegen den Antisemitismus, bei der Umsetzung des Asylrechts, beim Einsatz für Frieden, den Schutz des Lebens und der nichtmenschlichen Umwelt. So möchten wir dazu beitragen, die politische Kultur konstruktiv weiterzuentwickeln.

Die Gesellschaft, in der wir leben, ist vielfältig. Unser christliches Selbstverständnis ist davon bestimmt, dass wir eine weltweite Gemeinschaft sind und diese Vielfalt als bereichernd und herausfordernd zugleich erleben. Wir wollen, dass Menschen hier in Recht und Freiheit leben können. Dabei unterscheiden wir nicht zwischen Menschen nach ihrer Herkunft, sondern sehen alle Menschen als Geschöpfe Gottes an, denen die Menschenwürde gleichwertig zukommt. Wir werben dafür, das Miteinander in unserem Land gemeinsam zu gestalten. Wir engagieren uns dafür, die politische Kultur zu stärken und Meinungsverschiedenheiten offen und fair miteinander auszutragen. Deshalb lassen wir Hass und Extremismus keinen Platz.

Mit Sorge sehen wir Bestrebungen, die Demokratie auszuhöhlen. Wir erteilen deshalb allen extremistischen Bestrebungen eine klare Absage. Gegenwärtig beunruhigt uns besonders der wachsende Rechtsextremismus. Wir halten völkischen Nationalismus und Christentum für unvereinbar. Deshalb sind rechtsextreme Parteien für Christinnen und Christen nicht wählbar.

Am 9. Juni 2024 findet die Europawahl 2024 statt. Wir bitten alle Wahlberechtigten, ihr Wahlrecht aktiv wahrzunehmen und so die Demokratie in Europa zu stärken. Dabei bitten wir sie zu prüfen, welche Parteien extremistische Positionen und eine „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ vertreten. „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ umfasst z.B. neben Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Antiziganismus, Sexismus, Homophobie oder Queerfeindlichkeit auch die Abwertung von Menschen mit Behinderungen oder von wohnungslosen Menschen. Dies lehnen wir mit aller Deutlichkeit ab. Es widerspricht unserem christlichen Verständnis von der Würde aller von Gott geschaffenen Menschen.

Es ist an uns Christinnen und Christen, die Werte zu leben, auf denen unser Grundgesetz basiert. Als demokratischer Staat braucht die Bundesrepublik Deutschland eine demokratiebewusste Gesellschaft und Menschen, die sich die demokratischen Grundentscheidungen zu eigen machen. Es ist unser Ziel, daran als christliche Kirchen in Niedersachsen und Bremen mitzuwirken.

Hannover, Bremen, den 8. Mai 2024

Bischof Thomas Adomeit,
Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg

Kirchenpräsidentin Dr. Susanne Bei der Wieden,
Evangelisch-reformierte Kirche

Landesbischof Ralf Meister,
Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers

Landesbischof Dr. Christoph Meyns,
Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig

Landesbischof Dr. Oliver Schuegraf,
Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe   

Schriftführer Dr. Bernd Kuschnerus,
Bremische Evangelische Kirche

Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ,
Bistum Hildesheim 

Diözesanadministrator Weihbischof Johannes Wübbe,
Bistum Osnabrück

Weihbischof Wilfried Theising,
Bischöflich Münstersches Offizialat Vechta

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Hannover, den 10. Mai 2024

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