
Hannover. Die hannoversche Landeskirche hat teils massive Erhöhungen der Erbbauzinsen für ihre Grundstücke am Dienstag erneut erläutert. Damit reagierte sie auf eine Initiative von 30 Hauseigentümern in Hannover-Kirchrode, die sich gegen die Zinsanhebung um das 40- bis 50-fache nach Ablauf der 75 Jahre alten Erbbaurechts-Verträge wehren. Die zuständige Juristin im Grundstücksreferat des Landeskirchenamtes, Erika Marten, begründete die Entscheidung der örtlichen Kirchengemeinde gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit der Wertsteigerung der Grundstücke, wie sie der Bodenrichtwert widerspiegelt. „Diesen Wert entwickeln nicht wir, sondern das Katasteramt“, betonte Marten.
Das 1919 geschaffene Erbbaurecht sollte Menschen mit wenig Einkommen den Hausbau ermöglichen, indem sie das Grundstück nicht kaufen, sondern pachten. Zu den Erbbaurechtsgebern in Niedersachsen zählen Grundbesitzer wie beispielweise Kommunen, die Kirchen und die Klosterkammer. Um der Wohnungsnot zu begegnen, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg vielerorts in Niedersachsen solche Verträge ausgegeben, mit Laufzeiten bis zu 99 Jahren. Diskussionen um die Erhöhung der Erbbauzinsen gibt es auch bei Grundstücken der Klosterkammer bzw. der Kommune in Osnabrück und Lüneburg. In der Landeskirche Hannovers bestehen nach eigener Schätzung rund 1.000 Erbbaurechtsverträge.
„Die Erbbaurechte sind vor 70 Jahren ausgegeben worden, um Bedürftige wie Heimatvertriebene und Wohnungslose zu unterstützen“, erläuterte Marten. So richteten sich die Erbbauzinsen in den bald auslaufenden Kirchröder Verträgen nach den sehr niedrigen Bodenrichtwerten der 1950er Jahre. Seitdem hätten sich die Bodenrichtwerte rapide nach oben entwickelt, rasant beschleunigt habe sich der Anstieg seit 2013. Eine Anpassung der Erbbauzinsen, wie andernorts durchaus üblich, habe es für die Verträge in Kirchrode jedoch nicht gegeben. Daraus ergebe sich beispielsweise bei einem 280-Quadratmeter-Grundstück eine Zinserhöhung von rund 200 Euro im Jahr auf etwa 9.000 Euro.
Dass die Erhöhungen kommen würden, sei lange absehbar gewesen, sagte die Oberkirchenrätin. Schon in den 1990er Jahren habe die Kirchengemeinde in Kirchrode den Hauseigentümern daher die Grundstücke zum Kauf angeboten. „Das wollte aber kaum jemand, weil man im Rahmen des alten Vertrags nur 100 oder 200 Euro im Jahr für die Grundstücksnutzung zahlte. Das war günstiger als jeder Bankkredit.“ Im Jahr 2019 habe die Kirchengemeinde den Hausbesitzern angeboten, ihre Erbbaurechte vorzeitig zu verlängern - zu gemessen am Bodenrichtwert günstigen Konditionen. Auch dies hätten viele nicht angenommen.
Die Kirche habe sich in den vergangenen Jahrzehnten nie in die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Erbbauberechtigten eingemischt, sagte Marten. „Wir haben nie gefragt: Seid ihr eigentlich noch bedürftig?“ Überdies sei die Kirche auch gegenüber der Gesellschaft in der Pflicht, ihre Vermögenswerte so gut wie möglich zu verwalten. Nur so sei die kirchliche Arbeit für das Gemeinwohl langfristig finanzierbar.