„Familien brauchen Räume, in denen Kinder gut aufgehoben sind“
Wie sähe eine Kirche aus, die Kinder und Familien stets im Blick hat? Damit hat sich im Rahmen der Zukunftsplanungen der Landeskirche eine Arbeitsgruppe beschäftigt und nun erste Ergebnisse vorgelegt.
Hannover/Hildesheim. Auf vielen Ebenen der Landeskirche gibt es gute Arbeit mit Kindern und Familien, aber diese ist wenig miteinander vernetzt und die Zuständigkeiten sind oft ungeklärt. Im Rahmen der Zukunftsplanungen hat sich eine Gruppe deshalb mit dem sogenannten Fokusprojekt „Familienfreundliche Kirche“ beschäftigt. Fragen dazu beantwortet Hanna Dallmeier, Referentin für Gottesdienst mit Kindern und Familien im Michaeliskloster Hildesheim.
Frau Dallmeier, Sie arbeiten mit anderen Interessierten am Fokusprojekt „Familienfreundliche Kirche“. Wie familienfreundlich sind denn Kirchengemeinden aus Ihrer Sicht?
Hanna Dallmeier: Es gibt familienfreundliche Gemeinden, in denen lebensdienliche Angebote für Kinder und ihre Erwachsenen stattfinden. Das geht von der Krabbelgruppe über das Ferienprojekt zur Freude der Kinder und gleichzeitiger Entlastung der Eltern bis hin zu Gottesdiensten für mehrere Generationen. Auch die evangelischen Kitas können Orte familienorientierter kirchlicher Arbeit sein. Aber an vielen Stellen müssen wir auch fragen: Sind zum Beispiel die jungen Väter eigentlich im Blick unserer Gemeinden? Nehmen wir die Alleinerziehenden genug wahr, Menschen in Patchwork- oder Regenbogenfamilien? Und fragen wir die Familien eigentlich selbst, was sie von Kirche brauchen? Das fängt bei den Kinderstühlen im Kirchraum an und hört bei den Sicherheitssteckdosen im Gemeindehaus noch nicht auf.
Können Sie ein praktisches Beispiel geben, wie eine Kirchengemeinde familienfreundliche Angebote entwickeln kann?
Dallmeier: Wichtig ist der Blick auf Gemeindearbeit und Gemeinwesenarbeit zugleich. Familien leben einen eng getakteten und oft auch von finanziellen Belastungen geprägten Alltag. Was Familien brauchen, sind Räume, in denen die Kinder gut aufgehoben sind, Zeit für Begegnung und Begleitung in schwierigen Lebenssituationen. Wenn zum Beispiel das Gemeindehaus zum Winterspielplatz wird, haben Familien einen Ort, an dem sie ohne Kostendruck zusammenkommen können. Oder wenn der Gottesdienst mit einem Frühstück beginnt oder mit einem warmen Essen endet, sind die Familien zeitlich wie finanziell entlastet und die Menschen entdecken in sich eine Offenheit für Gott. So kann familienfreundliche Gemeinde wachsen.
Wenn Ihr Fokusprojekt erfolgreich läuft: Woran wird sich das in zehn Jahren in unseren Kirchengemeinden zeigen?
Dallmeier: In zehn Jahren werden einzelne Kirchengemeinden, aber vor allem ganze Kirchenkreise den Blick auf Familien legen: Akteure in Kirchengemeinden, Familienbildungsstätten, Kitaverbänden und Singschulen arbeiten dann vernetzt, wissen voneinander und können so auch den Bedarfen der Familien in all ihrer Unterschiedlichkeit besser begegnen. Vielleicht nicht in jeder Kirchengemeinde, aber in jeder Region gibt es eine hauptamtliche Ansprechperson für Kinder und Familien, die auf Landeskirchenebene für ihre Arbeit gute Möglichkeiten der Fortbildung hat. Und nicht zuletzt sind unsere Kirchen und Gottesdienste so gestaltet, dass Kinder und Familien dort ihren eigenen Raum finden. Warum nicht mal mit Kindern im Kirchraum übernachten und am nächsten Morgen gemeinsam Familiengottesdienst mit Tauferinnerung feiern?