Bischof Meister: Fortschritt in Ökumene ist Zeichen der Hoffnung

Eine männlich gelesene Person mit wenig Haar, Brille, im Talar spricht an einem Redepult vor einem goldenen Altar.
Bild: Jens Schulze

Hannover. Der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover hat am Reformationstag die Fortschritte in den ökumenischen Beziehungen zur katholischen Kirche gewürdigt. So würden Stellungnahmen zu ethischen Fragen inzwischen miteinander abgestimmt, und in Niedersachsen planten beide Kirchen einen gemeinsamen Religionsunterricht. „In unserem geistlichen Miteinander entstehen Zeichen der Hoffnung, die uns miteinander verbinden“, sagte Meister in der Marktkirche in Hannover.

Meister ist auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). In seiner Predigt erinnerte er laut Redemanuskript an die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“, die vor 25 Jahren von Protestanten und Katholiken in Augsburg unterzeichnet wurde. Diese Erklärung sei ein Durchbruch in der Ökumene gewesen, weil durch sie Jahrhunderte alte gegenseitige Lehrverurteilungen aufgehoben worden seien.

Bei der sogenannten Rechtfertigungslehre geht es im Kern um die Frage, ob der Mensch durch gute Taten vor Gott gerecht wird oder allein durch den Glauben. Über Jahrhunderte waren Protestanten und Katholiken in dieser Lehrfrage getrennt.

Meister betonte, die protestantische Reformation sei ein „Weg der Freiheit“ gewesen. Martin Luther habe aber stets gewusst, dass zur Freiheit auch Verantwortung gehöre. Diese Erkenntnis sei zentral für das heutige Leben in der Demokratie. „Reformationstage begehen wir nicht, um uns nostalgisch vergangener Zeiten zu erinnern“, betonte der Bischof. „Sondern wir wollen für die Zukunft einen Lebensentwurf erkunden, der die geschenkte Freiheit und unsere Verantwortung zusammenhält.“

Stichwort Rechtfertigungslehre

Der Streit um die aus der Bibel abgeleitete Lehre von der Rechtfertigung spaltete am Ende des Mittelalters die Christen in Europa. Dabei ging es um das Zentrum ihres Glaubens: Wie bringt der Mensch sein Verhältnis zu Gott in Ordnung? Wie findet ein sündiger Mensch Gnade vor Gott? Katholiken und Protestanten beantworteten diese Fragen unterschiedlich und gingen seit dem 16. Jahrhundert getrennte Wege. Vor allem mit der Rechtfertigungslehre grenzten sich beide Kirchen rund 500 Jahre lang voneinander ab.

Martin Luther (1483-1546) und andere Reformatoren machten die Lehre zur Kernthese der Reformation. Danach kann ein Mensch sich nicht durch Leistung - wie Gebete, Wallfahrten oder Spenden - selbst erlösen. Das Seelenheil wird ihm vielmehr von Gott „allein durch den Glauben“ geschenkt. So interpretierte bereits der Apostel Paulus Mitte des ersten Jahrhunderts die Botschaft Jesu von der unmittelbaren Liebe Gottes zu den Menschen. Luther hatte dies für seine Zeit neu übersetzt. Seine „reformatorische Entdeckung“ sah er als große Befreiung von angsteinflößenden religiösen Gesetzen, die kaum ein Mensch erfüllen kann.

Die von Luther geforderten Reformen führten nicht nur zur Gründung der evangelischen Kirchen, auch die römisch-katholische Kirche hat sich seitdem grundlegend reformiert. Damals von beiden Seiten ausgesprochene Lehrverurteilungen gelten heute nicht mehr. Ein Schlussstrich unter dieses Kapitel Kirchengeschichte wurde am 31. Oktober 1999 gezogen: In der in Augsburg unterzeichneten „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ stellen beide Seiten ihre grundsätzliche Übereinstimmung fest. Praktische Auswirkungen gibt es bislang nicht.

epd Niedersachsen-Bremen