Michaelis-Empfang in Stade mit Hasnain Kazim

Zwei männlich gelesene Personen sitzen nebeneinander in einer Kirchenbank, viele andere Menschen ringsum.
Bild: Sonja Domröse

Stade. In der vollbesetzten St. Wilhadi-Kirche begrüßte Regionalbischof Dr. Hans Christian Brandy Gäste aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche. Rund 400 Menschen waren gekommen, um Hasnain Kazim zu hören, politischer Journalist und Autor zahlreicher Bücher. Kazim sprach über den Zusammenhalt im Land und seine Erfahrungen bei einer über 3.000 km langen Radtour quer durch Deutschland.

„Wir leben in einer pluralen Gesellschaft, deren Vielfältigkeit ich nicht missen möchte“, betonte Brandy zu Beginn des Empfangs. Aber die Pluralität sei auch anstrengend und so sähen sich manche Menschen als „Pluralitätsverlierer“. 

Eine demokratische Gesellschaft lebe davon, dass es zu geregelten gemeinsamen Entscheidungen komme. „Es wird gefährlich, wenn aus der Differenzierung und Pluralität unserer Gesellschaft, Polarisierung und Spaltung werden – und das beobachten wir derzeit.“ 

In vielen Gespräche begegne ihm die Aufgabe und der Anspruch an die Kirche, „Kitt der Gesellschaft“ zu sein. Kirche stehe zu dieser Verantwortung und es geschehe vieles in den Gemeinden vor Ort und in der Diakonie, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gewährleisten. „Auch wenn wir eine kleiner werdende Kirche sind, werden wir uns nicht auf uns selbst zurückziehen“, so der leitende Geistliche für den Elbe-Weser-Raum. Werte wie Fairness, Empathie und Bescheidenheit hätten nach wie vor eine große Bedeutung für das ganze Land. „Und für diese Werte von Gerechtigkeit, Mitleid und Demut stehen wir auch als Kirche.“ 

Hasnain Kazim, aufgewachsen im Alten Land, war als Auslandskorrespondent u.a. in Islamabad und Istanbul tätig. Der 49-jährige plädierte in seinem Vortrag für „Maß und Mitte“ beim Suchen und Finden von klugen politischen Lösungen. „Alles andere frustriert Menschen und sie wählen dann extrem.“ Auf seiner Deutschlandtour habe er immer wieder das Gespräch gesucht, gerade auch mit AfD-Wählenden. Seine Erfahrung: Zuhören, jemanden nicht gleich abstellen, seine eigene Meinung erklären und versuchen, im Gespräch zu bleiben. Viele seien für die Demokratie wieder zurückzugewinnen.  „Es sei denn, jemand ist wirklich extremistisch eingestellt. Dann muss gestritten werden. Denn auch der Streit gehört zur Demokratie.“ 

Dabei verbinde die Menschen in Deutschland mehr als sie trenne. Dazu gehöre für ihn neben der Sprache auch die Kultur, die gemeinsame Geschichte, das Essen und die christliche Prägung. „Aber viele Menschen“, so seine Wahrnehmung, „haben keinen Bezug mehr zur Kirche.“ 

Sein Resümee: „Es gibt einen großen Bogen, der uns zusammenhält. Ich bleibe zuversichtlich, auch wenn die Zeiten rau sind.“

Sonja Domröse