Ministerin Behrens bekräftigt Respekt vor Kirchenasyl

Fall in Bienenbüttel löste Diskussionen über Härtefälle aus
Eine als Frau lesbare Person mit Brille und kurzen Haaren
Bild: Ole Spata

Ein Kirchenasyl ist für abgelehnte Asylbewerber oft der letzte Ausweg, wenn eine Ausreise für sie eine besondere Härte bedeuten würde. Niedersachsens Innenministerin Behrens stand im Landtag jetzt Rede und Antwort, wie sich das Land dazu verhält.

Hannover/Bienenbüttel. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) hat erneut klargestellt, dass das Land Kirchenasyle künftig respektieren werde. „Obwohl der staatliche Zugriff in kirchlichen Räumen grundsätzlich durchsetzbar ist, wird davon aus christlicher und humanitärer Tradition dann abgesehen, wenn es sich um sakrale Räume beziehungsweise Räumlichkeiten der Religionsgemeinschaften handelt“, sagte Behrens am Mittwoch im Landtag in Hannover. Sie antwortete auf eine Dringliche Anfrage der AfD-Fraktion. Die Diskussion war in Niedersachsen neu entbrannt, nachdem die Polizei ein Kirchenasyl in Bienenbüttel bei Uelzen aufgelöst und die Betroffenen abgeschoben hatte.

Behrens stellte klar, dass Kirchengemeinden, die vollziehbar ausreisepflichtige Personen durch eine vorübergehende Aufnahme in ihren Räumen dem staatlichen Zugriff entzögen, sich weder theologisch noch juristisch auf ein anerkanntes Recht auf Kirchenasyl berufen könnten. „Unsere Rechtsordnung kennt keine zum Staatsgebiet gehörenden Räume, in denen staatliche Maßnahmen nicht durchgesetzt werden.“ Allerdings werde nach einer vom Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den Kirchen im Jahr 2015 getroffenen Vereinbarung Kirchenasyl in spezifischen Fällen dennoch respektiert, um in dieser Zeit überprüfen zu können, ob ein humanitärer Härtefall vorliegt.

Aktuell erkenne das BAMF jedoch weniger als ein Prozent der Kirchenasyle als Härtefälle an, sagte Behrens. Ziel müsse daher ein erneutes gemeinsames Verständnis von Härtefällen sein. Nur dann habe das vereinbarte Dossierverfahren eine Zukunft. Nach diesem Verfahren kann die Kirche Dossiers über besondere Härtefälle beim BAMF einreichen, um doch noch eine Anerkennung des Asyls zu erwirken.

Mitte Mai hatten die Polizei und die Landesaufnahmebehörde eine vierköpfige Familie aus Russland, die Zuflucht in der evangelischen St. Michaelisgemeinde in Bienenbüttel gesucht hatte, nach Spanien abgeschoben und so das dortige Kirchenasyl beendet. Die Familie wollte sich nicht am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beteiligen und hatte deshalb Asyl in Deutschland beantragt. Dies wurde jedoch abgelehnt, weil sie bereits ein Touristenvisum für Spanien besaß. Nach der Auflösung des Kirchenasyls kam es zu einem Krisentreffen zwischen Vertretern der evangelischen Kirche, dem Innenministerium, der Landesaufnahmebehörde und dem BAMF.

Behrens sagte im Landtag, im Jahr 2022 seien in Niedersachsen 65 Kirchenasyle für 82 Personen verzeichnet worden, im Jahr darauf 137 Asylfälle mit 159 Personen und im ersten Quartal des laufenden Jahres 34 Asyle für 39 Personen. In etwa 95 Prozent der aktuellen Fälle gehe es nicht um Rückführungen in die Heimat, sondern um Abschiebungen in ein anderes europäisches Land im Sinne der Dublin-Verordnung.

epd Niedersachsen-Bremen