„Ich mach das nicht gerne. Das ist mir peinlich. Aber können Sie mir vielleicht weiterhelfen?“
An meiner Haustür steht ein Mann. Er ist recht klein. Seine Haare und sein Bart sind verfilzt. Seine Klamotten sind schmuddelig. Mit der Tasche und der Tüte in der Hand macht er einen verwahrlosten Eindruck.
Aber er ist mir gleich sympathisch. Mit seiner tiefen Stimme – er nuschelt etwas. Er mag mich gar nicht direkt angucken. Schüchtern blickt er zu Boden. Aber was ich von seinen Augen sehe, sieht ehrlich aus. Und so klingt auch das, was er sagt.
„Ich komme gerade aus dem Gefängnis. Und jetzt bin ich erst mal obdachlos. In dieses Haus für Männer möchte ich nicht...“
Als ich die Haustür hinterher zugemacht habe, fällt mir auf, dass ich keine Ahnung davon habe, was er sonst für Möglichkeiten hätte. Es kann doch nicht sein, dass jemand aus dem Gefängnis kommt und erst einmal obdachlos ist!
Der Mann erzählt, dass er von Bekannten gehört habe, dass man beim Pastor klingeln könne. Ob das die Männer sind, die sich auf den Bänken am Küchengarten treffen und mich so freundlich grüßen?
„Ich bitte Sie nicht gerne. Es ist mir peinlich. Aber können Sie mir vielleicht weiterhelfen?“
Ich könnte ihm auch was zu Essen machen. Mein Kühlschrank hat einiges zu bieten. Die Gemüsekiste wurde gerade geliefert. Aber ich werde ihm mit ein wenig Geld aushelfen.
Ich weiß, dass andere Pastoren nichts geben, oder tatsächlich etwas zu Essen machen.
Mit fünf Euro kaufe ich mich also auch frei, um keine weitere Zeit investieren zu müssen.
Aber hatten wir nicht gerade Erntedankfest? Um staunend wahrzunehmen, in was für einer Fülle ich lebe, so dass Teilen erst möglich wird?
Amen.
Jesaja 58