Der erste Sonntag im Oktober – Erntedank. Das Fest der Lebensfülle. Orange Kürbisse, grüne Zucchini, gebundene Ähren und vieles mehr werden heute unzählige Altäre in den Kirchen schmücken. Schon im Kindergarten habe ich gelernt, an Erntedank feiert man die Früchte des Feldes. So lässt mich heute die alttestamentliche Lesung für den Tag aufhorchen. Denn sie macht darauf aufmerksam, dass es um mehr geht als nur die Früchte des Feldes. Es geht um den Dank für alles, was die Natur uns gibt – für all die Mittel, von denen wir leben. Das ist nicht nur die Nahrung, sondern es sind auch die Rohstoffe, mit denen wir produzieren und bauen. Und die Zeichen unseres Reichtums geworden sind. Zu gerne klopft sich der Mensch auf die Schulter für alles, was er gemacht hat. Der Homo sapiens, der vernünftige Mensch, vergisst gerne mal, dass es nicht nur sein Erfindungsgeist ist, der für viele Wunder dieser Welt verantwortlich ist.
Der Text warnt davor, unseren materiellen Wohlstand auf eigene Leistungen zurückzuführen: „Wenn dieses Gute nun kommt, sagt nicht: »Das haben wir aus eigener Kraft geschafft, es ist unsere Leistung!« Denkt vielmehr an den HERRN, Euren Gott, von dem Ihr die Kraft bekommen habt, all diesen Reichtum zu erwerben!“ (5. Mose 8,17–18)
In unserer Leistungsgesellschaft verkennen wir das oft. All unsere Mittel zum Leben sind uns geschenkt. Ein Geschenk, für das wir dankbar sein sollten. Das heißt nicht, dass wir nicht auch stolz auf das sein dürfen, was wir geschaffen haben. Gott lässt uns schließlich die Freiheit zum Handeln und schenkt uns die Welt, um auf und mit ihr zu leben. Aber Erntedank ist ein guter Tag, um einen Moment innezuhalten und uns daran zu erinnern, auf welchem Boden wir hier eigentlich bauen. Es ist ein geschenkter Boden und eine geschenkte Welt – bei allem Erfolg und aller Selbstverständlichkeit sollten wir das nicht vergessen. Die Mittel zum Leben sind die Ernte, für die wir dankbar sein können. Gewachsen mit unserer Hilfe, aber nicht geschaffen durch uns.
Amen und Gott befohlen!
5. Mose 8,7–18
Wenn Ihr dann reichlich zu essen habt, preist den HERRN, Euren Gott, für das gute Land, das er Euch geschenkt hat! Hütet Euch davor, ihn zu vergessen und seine Gebote, Weisungen und Ordnungen zu missachten, die ich Euch heute weitergebe. Denn das könnte geschehen, wenn Ihr genug zu essen habt, schöne Häuser baut und bewohnt, wenn Eure Herden wachsen und Ihr reich werdet an Gold, Silber und anderen Gütern. Dann könntet Ihr überheblich werden und den HERRN, Euren Gott, vergessen. Dabei hat er Euch aus der Sklaverei in Ägypten befreit. Er war es, der Euch durch die große, schreckliche Wüste geführt hat, wo Giftschlangen und Skorpione lauerten. In diesem ausgedörrten Land ließ er für Euch Wasser aus dem harten Felsen hervorquellen und gab Euch Manna zu essen, das Eure Vorfahren nicht kannten. Durch diese schwere Zeit wollte er Euch auf die Probe stellen, um Euch danach umso mehr mit Gutem zu beschenken.
Wenn dieses Gute nun kommt, sagt nicht: »Das haben wir aus eigener Kraft geschafft, es ist unsere Leistung!« Denkt vielmehr an den HERRN, Euren Gott, von dem Ihr die Kraft bekommen habt, all diesen Reichtum zu erwerben! Denn er hält sich an den Bund, den er mit Euren Vorfahren geschlossen hat, und der heute noch für Euch gilt.