Sich selbst mit anderen vergleichen – wer kennt das nicht? Man läuft durch die Stadt, sitzt in der Bahn oder im Büro und beobachtet seine Mitmenschen. Was sie tragen, wie sie reden, wie sie aussehen, ob sie allein sind oder in Gesellschaft. Vielleicht beobachten wir nur; vielleicht stellen wir sie uns selbst gegenüber; vielleicht glauben wir sogar, ihr Verhalten bewerten zu können.
Ganz ähnlich handelt der Pharisäer, von dem der Evangelist Lukas im Predigttext für diesen Sonntag erzählt. Er lädt Jesus zu sich ein, weil er sich sicher ist, einem solchen Besuch würdig zu sein. Als Jesus bei ihm ist, kommt diese Frau – eine Sünderin – die Jesu Füße wäscht und salbt. Weshalb sie eine Sünderin ist, wird nicht erzählt. Es reicht zu wissen, dass sie etwas gemacht hat, das ihr Verhältnis zu Gott belastet. Mit nur einem kurzen bewertenden Blick ist der Pharisäer gewiss: Er ist viel besser als diese Frau – sie ist ja nur eine Sünderin. Er fühlt sich durch ihre Anwesenheit gestört. Sie stört ihn so sehr, dass er zweifelt: „Wenn dieser ein Prophet wäre, so wüsste er, wer und was für eine Frau das ist“
Jesus aber zeigt, dass die Unterschiede, die der Pharisäer zwischen sich und der Sünderin zu kennen glaubt, in einer entscheidenden Gemeinsamkeit absolut bedeutungslos werden: Vollkommen unabhängig davon, ob die eigene Schuld groß oder klein ist, sind beide vor Gott nicht mehr in der Lage, sie begleichen zu können. Beide sind auf Gottes Gnade und Erlösung angewiesen, die sie in dem Glauben an Jesus Christus finden. Er antwortet der Frau, die weinend und demütig zu seinen Füßen sitzt: „Dein Glaube hat dich gerettet“. All die Taten und der Eifer des Pharisäers sind nicht von Bedeutung, denn diese Erlösung kann nicht verdient werden – sie ist ein Geschenk. Eines, das Gott allen denen schenkt, die ihr Vertrauen in Jesus Christus setzen. Ein Geschenk, dass seine Erfüllung darin findet, dass Jesus für uns am Kreuz gestorben ist.
All den Vergleichen, dem Zweifel und unseren Unsicherheiten zum Trotz wissen wir, dass dort jemand ist, dem unser Glauben reicht. Jemand, der keinen Reichtum und kein Geld verlangt, kein kostbares Essen am eigenen Tisch. Jemand, der allein aus Gnade und bedingungsloser Liebe sagt: Du bist mir genug, so wie du bist!
Amen.
Lukasevangelium 7,36–50