Einer trage des andern Last

Andacht zum 4. Sonntag nach Trinitatis
Ein von innen beleuchtetes Zelt bei Nacht.
Bild: Pixabay

Der Autor

Richard Gnügge
Richard Gnügge

Richard Gnügge ist Pastor in der Nikolaikirchengemeinde Hiddestorf/Ohlendorf und mitverantwortlich für die Tauf-Aktion #gottesgeschenk.

Nächste Woche beginnen die Ferien! Was für ein Glück – denken die Schülerinnen und Schüler. Denken die Lehrerinnen und Lehrer. Denke auch ich!

Endlich Ferien! Ich freue mich schon riesig auf die Ferien, den anstehenden Urlaub und die Zeit mit meiner Familie. Wir sind in diesem Jahr in der glücklichen Lage mehrere Wochen wegzufahren. Mit Zelt und Schlafsack, Luftmatratze und Gaskocher. Eine ganze Menge zu schleppen – nicht nur für mich. Oder doch?

„Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ (Galater 6,2) So lautet der Wochenspruch der kommenden Woche. Super, denke ich, das werde ich im Urlaub garantiert erfüllen. Mit Schwimmsachen im Rucksack und Picknicktasche in der Hand, Decke unterm Arm und womöglich die Jüngste auf den Schultern…

Ich denke: Ja, es wird auch das eine oder andere längere Gespräch geben. Denn das ist für mich auch das Geschenk des Urlaubs. Zeit zu haben. Einfach nur Zeit. Um zu reden. Genauer hinzuhören. Mit den Kindern ausgelassen zu spielen. Denn wie oft geschieht’s, dass ich nur mit halbem Ohr zuhöre. Beim Abendbrot oder zwischendurch. Die Last des anderen gar nicht in dem Maße wahrnehme wie er es verdiente. Gerade und vor allem in der Familie…

Da tragen wir einander im Alltag. Ohne Frage. Aber wer kleine Kinder hat und gemeinsam im Berufsleben steht, der weiß ganz genau, wovon ich spreche. Oft genug gibt man sich die Klinke in die Hand…

Und dann werde ich nachdenklich: Komisch eigentlich, oder? Warum lebe ich eigentlich jetzt auf den Urlaub hin, um dann zuzuhören, Zeit zu haben, zu reden, zu spielen. Warum nicht schon jetzt?

„Einer trage des andern Last!“ – wenn es dir passt, du Zeit hast, im Urlaub bist. Das steht da nicht. „Einer trage des andern Last.“ In der Kürze liegt die Würze und da gibt es hier keine Diskussion. Paulus, der gerne Bandwurmsätze formulierte und von dem dieser Satz stammt, bringt es hier einfach einmal auf den Punkt. Und gibt wieder, was auch Jesus sagte: „Liebe Gott und liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Das sagte Jesus einmal als Antwort auf die Frage nach dem „einen“ und wichtigsten Gebot.

Die Nächstenliebe ist für viele Menschen Grundstock und Kern des christlichen Glaubens. Und die kennt keine Zeitfenster und Begrenzungen.

Vielleicht fange ich also lieber gestern als heute damit an?!

Hatte mein Sohn nicht gerade von der Schule berichtet? Was hatte er gerade gesagt? Ich höre mal auf zu schreiben und frage ihn … bis dahin auch Ihnen schöne, erholsame und gesegnete Ferien!

Der Autor

Richard Gnügge
Richard Gnügge

Richard Gnügge ist Pastor in der Nikolaikirchengemeinde Hiddestorf/Ohlendorf und mitverantwortlich für die Tauf-Aktion #gottesgeschenk.

Biblischer Text,
Galater 6,2 – Wochenspruch für den 4. Sonntag nach Trinitatis
„Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“
Richard Gnügge