Himmelfahrt lenkt unseren Blick in den Himmel. Wir können nicht nur betreten auf unsere Füße schauen, auf das, was uns möglich ist und was uns bisweilen misslingt. In der Bibel wird erzählt, dass Jesus in den Himmel verschwindet. Eben war er noch da, dann nicht mehr?
Vielleicht ist dieser Text für den einen oder die andere schon etwas zu plastisch. Es ist schon Urzeiten her, dass dieser Text geradezu dramatisch in den Gottesdiensten inszeniert wurde: Die Christusfigur wurde dabei an einem Seil durch das sogenannte Himmelfahrtsloch im Kirchengewölbe nach oben gehievt. Christus entschwand also den Blicken der Gottesdienstbesucher wie damals den Aposteln.
Eine weitere naturnahe Lesart von Himmelfahrt legte sich durch den nicht-sonntäglichen Festtermin nahe: Donnerstag war der Tag des germanischen Wettergottes Thor. An diesem Tag des Donners bedurfte es eines besonderen Schutzrituals, um vor den Folgen von Blitz und Donner verschont zu bleiben. Weil man annahm, dass aus der Himmelsrichtung, in die der in der Kirche nach oben gezogene Christus schaut, ein Gewitter drohe, musste man sich entweder durch den Empfang des Abendmahls oder durch geweihte Blumenkränze dagegen schützen.
Wer beim abendlichen Einläuten des Himmelfahrtsfestes Kürbisse, Gurken und Möhren pflanzte, konnte auf eine reiche Ernte hoffen. Heute belustigen uns diese Vorstellungen und Praktiken eher. Hinter all den Gebräuchen steht die Vorstellung, dass der Himmel an diesem Tag nicht nur in einer Richtung offen ist, sondern gewissermaßen auch in der Gegenrichtung. Christus fährt unter Gesang und Gebet nach oben, von oben herab kann sich dann aber auch Segen und Fluch über die Geschöpfe ergießen. Das durchlässige Kirchengewölbe symbolisiert das: Der Himmel ist auf Durchlass gestellt.
Dass Jesus Christus, der Auferstandene, wieder zum Vater zurückkehrt, ist damit nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass damit der Himmel offen steht. Wie Ostern ist Himmelfahrt Zukunftsmusik. Der Auferstandene ist in den Himmel aufgefahren, aber er kommt bei den Menschen an.
Lukasevangelium 24, 50 - 53