„So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit.“
Die christliche Gemeinde zur Zeit des Timotheus um 65 nach Christus hat diese Briefzeilen nicht anders gehört als alle anderen Gemeinden nach ihr im Laufe der Geschichte. Auch wir werden zum Beten aufgefordert, ja ermahnt, wenn wir diese Verse lesen. „Betet für alle Menschen, für Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können.“
Ach du meine Güte, mögen wir denken. Für alle Könige und die Obrigkeit auch. Als Christen ruhig und still leben zu können, war für Timotheus und seine Gemeinde alles andere als selbstverständlich. Das Christsein öffentlich zu zeigen und zu bezeugen, auch nicht.
Das behalte ich beim Leben im Blick, wissend, dass es in so vielen Ländern unsere Erde Menschen gibt, die unter der Obrigkeit ihr Christsein alles andere als ruhig und friedlich leben können. Ich denke aktuell an die Verfolgung der Christinnen und Christen in Nordindien. Wie hört eine christliche Gemeinde diesen Text in Anfechtung: „Betet für alle Obrigkeit!“
Dabei war der Gemeinde von Anfang an klar, was in diesem Brief ja auch zu erkennen ist: Die Botschaft unseres Glaubens ist keine Privatsache. Sie ist nicht bestimmt für wenige Auserwählte, sondern für alle Menschen. Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und Christus hat sich als Lösegeld für alle dahingegeben. Dreimal hören wir das Wort „alle“ in diesem kleinen Text.
Die Gemeinde des Timotheus war zwar klein an Zahl, vielleicht kaum mehr als hundert Menschen, und dennoch kommen alle in den Blick des Gebetes. Der je einzelne Glaubende, die Gesellschaft und auch der Staat. Christsein und damit verbunden auch das Beten lässt sich nicht isolieren. Es bleibt auch da, wo es ganz privat und persönlich aussieht, bezogen auf die Gemeinschaft und die ganze Welt.
Beten meint nicht: Hauptsache, ich bete für mich. Für meine Anliegen, für das, was mein Leben betrifft. Keine Beterin, kein Beter war und ist nur mit Gott allein. Christliches Beten hat immer auch die anderen mit im Blick. Was für ein weiter Horizont! Ein Gebet, dass die Welt ausschließt, ist weltfremd und leer.
Wer betet, der bleibt dabei, dass nichts so bleiben muss, wie es ist. Wer betet, hält die Wirklichkeit und das Leben für veränderbar. Wer betet, hofft – auf Gott. Rechnet mit ihm. Traut Gott zu, das letzte Wort zu behalten.
Und – wer betet, ist nicht allein.
Was bin ich froh, dass wir miteinander beten, etwa in den Gottesdiensten.Ich brauche das. Sprache finden für Anliegen, für die ich alleine keine Worte habe oder finde. Für Anliegen, an die ich selbst gerade nicht denke oder die mir nicht im Blick sind.
Das Sich-Sammeln mit Schwestern und Brüdern. Gott hineinholen, ihn hineindenken in die Wirklichkeit, wie sie gerade ist, aber nicht so bleiben soll. Das Hören der Worte im Gebet und die Erfahrung, dass diese Worte das Herz erreichen und den eigenen kleinen Glauben wieder zuversichtlicher machen können.
Wie lesen wir im Brief des Timotheus: Beten – dies ist gut und wohlgefällig vor Gott.
Amen.
1. Timotheus 2, 1-6a
Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat als Lösegeld für alle.“