„Was? Schon fertig?“ Sie leckt vorsichtig an ihrem Eis, während er sich den letzten Bissen der Waffel in den Mund schiebt. „Wie kannst du das Eis nur so schnell essen? Da kannst du es ja gar nicht genießen!“
Die beiden sitzen auf einer Mauer in der Abendsonne. Auf dem gepflasterten Platz vor ihnen ist noch viel los. Vor allem in der Eisdiele auf der gegenüberliegenden Seite. Sie waren den ganzen Nachmittag mit den Fahrrädern unterwegs gewesen. Bei herrlichem Sonnenschein in einer wunderbar sommerlichen Landschaft.
Jetzt schluckt er den letzten Bissen hinunter. „Aber genau das tue ich doch: genießen!“ Er grinst. „Dafür muss ich ganz viel auf einmal im Mund haben. Um die ganze Fülle an Cremigkeit und Geschmack zu haben. Das geht am besten, wenn der Mund voll ist mit Eis.“
Sie guckt skeptisch. Diese Auseinandersetzung darüber, wie Eis am ehesten zu genießen sei, führen sie, seit sie das erste Mal zusammen Eis gegessen haben. Darüber waren sie sich nie einig. Das weiß er. Aber jetzt gerade geht es ihm so gut, dass er sich nicht bremsen lässt:
„Guck mal, es ist doch Sommer. Alles ist voll. Die Temperaturen, die Freibäder, die Eisdielen… Der Sommer an sich ist übervoll. Es ist die Jahreszeit der Fülle. Denk an die Wiesen, durch die wir heute gefahren sind: Die waren voll mit bunten Sommerblumen. Guck dir den Strauß an, den du gepflückt hast! Die Obstbäume werden immer voller, die Äste immer schwerer. Da ist die Farbe doch schon mit Händen zu greifen, so voll ist sie. Und der Duft überall. Die Luft ist schwer davon. Manchmal ist das doch kaum auszuhalten! Manchmal hält es im Sommer die Luft selbst nicht aus und entlädt sich mit einem kräftigen Sommerregen, der ja seinerseits auch übervoll an Regen ist.
Nein, Sommer hat mit Bescheidenheit und Zurückhaltung nichts zu tun. Deshalb muss man im Sommer auch mal maßlos sein.“
Er gibt ihr einen Sommerkuss. „Ich hol‘ mir noch ein Eis. Soll ich Dir auch eines mitbringen?“
Text: Paul Gerhardt 1653; Melodie: August Harder vor 1813
in dieser lieben Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;
schau an der schönen Gärten Zier
und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben,
sich ausgeschmücket haben.
Die Bäume stehen voller Laub,
das Erdreich decket seinen Staub
mit einem grünen Kleide;
Narzissus und die Tulipan,
die ziehen sich viel schöner an
als Salomonis Seide,
als Salomonis Seide.
Ich selber kann und mag nicht ruhn,
des großen Gottes großes Tun
erweckt mir alle Sinnen;
ich singe mit, wenn alles singt,
und lasse, was dem Höchsten klingt,
aus meinem Herzen rinnen,
aus meinem Herzen rinnen.
Doch gleichwohl will ich, weil ich noch
hier trage dieses Leibes Joch,
auch nicht gar stille schweigen;
mein Herze soll sich fort und fort
an diesem und an allem Ort
zu deinem Lobe neigen,
zu deinem Lobe neigen.