Bischofsbericht – Teil 4

Eine männlich zu lesende Person an einem Redepult vor sitzenden Menschen.
Bild: Jens Schulze

Kirchen sind wesentliche Knotenpunkte zur Stärkung der Zivilgesellschaft.

Ausführlich nahm Landesbischof Ralf Meister Stellung zur aktuellen Kirchenmitgliedschaftsstudie (KMU), die unlängst während der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vorgestellt wurde. Es ist nach der 2012 erschienenen 5. KMU die sechste Studie, an der erstmals auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz mitwirkte. Drei wesentliche Erkenntnisse der 6. KMU hob Meister hervor.

Die erste Erkenntnis, so der leitende Geistliche: Die größte Bevölkerungsgruppe habe eine säkulare Weltsicht und sei sehr heterogen. Wichtig dabei sei, dass auch unter den Kirchenmitgliedern nur noch ein knappes Viertel im engeren Sinn kirchlich-religiös sei.
Dieser Befund bedeute, dass die gegenwärtige kirchliche Krise nicht nur die Organisation betreffe, sondern auch den Glauben. „Die Kirchen sind einerseits von einem Mitgliederschwund betroffen, aber in hohem Maß auch von einem Schwund an Religiosität.“

Wichtig sei daher, vielmehr noch als bisher „lebensweltlich“ zu sprechen und damit den Menschen in ihrer eigenen Lebenswelt zu begegnen und ihnen darin ein Deutungsangebot zu machen. Hilfreich sei zudem eine eher fragende als behauptende Haltung kirchlicherseits.

Die zweite Beobachtung aus der KMU: Die Kirchen stünden vor einem Kipppunkt. „Bis 2025 ist mit dem Austritt von insgesamt fast einer Million evangelischer Kirchenmitglieder bundesweit zu rechnen, bis 2030 mit dem Austritt von insgesamt 3,2 Millionen Mitgliedern. Die KMU VI deutet darauf hin, dass die Kirche in den nächsten Jahren mit erheblichen weiteren Abbrüchen zu rechnen hat.“

Eine dritte Erkenntnis der Studie bezieht sich auf die zivilgesellschaftliche Rolle der Kirchen. Die Reichweite der Kirchen in die Gesellschaft hinein sei trotz ihres Rückgangs groß, so Meister. „Die soziale Reichweite der Kirche ist deutlich größer als ihre religiöse.“ Über die Hälfte der Kirchenmitglieder engagierten sich ehrenamtlich in Kirche und Gesellschaft. „Das ist weit überdurchschnittlich. Kirchen sind wesentliche Knotenpunkte zur Stärkung der Zivilgesellschaft.“
Aber nur noch wenige Menschen erwarteten von Kirche im engeren Sinn religiöse Impulse. Das sei ein Dilemma, denn Kirchen könnten sich kaum noch über ihren „Markenkern des Religiösen“ darstellen, erreichten aber über ihre soziale und zivilgesellschaftliche Rolle eine große Reichweite. „Es mag schwer geworden sein, die Grunderzählung des Glaubens in Gänze zu tradieren, aber sie kann inselhaft aufleuchten.“

Lesen Sie hier weiter im Teil 5.

EMA