Reform Körperschaften: Arbeitsgruppe wirbt für Erprobung

Eine männlich lesbare Person steht an einem Pult und hält eine Rede.
Bild: Jens Schulze

Die Landessynode setzt einen gemeinsamen Ausschuss aller kirchenleitenden Organe ein, der den Auftrag hat, die Erprobung einer Verwaltungsvereinfachung zu ermöglichen.

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Diese Vereinfachung soll durch die Übertragung des öffentlich-rechtlichen Status von Kirchengemeinden auf den Kirchenkreis oder eine Gesamtkirchengemeinde geschehen. Zusätzlich dazu startet ein entsprechendes Beteiligungsverfahren, das hat die Landessynode am Dienstagabend beschlossen.

„Gegenwärtig ist jede Kirchengemeinde eine eigene Körperschaft öffentlichen Rechts“, erklärte der Juristische Vizepräsident der Landeskirche und Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Dr. Rainer Mainusch. Das hieße vor allem: Sie hat Eigentum, sie schließt Verträge und sie gestaltet einen eigenen Haushalt. Das sind Aufgaben, die sich aus ihrer Stellung im staatlichen Recht ergeben. Diese Aufgaben könne aber möglicherweise genauso gut die darüber liegende Ebene, also der Kirchenkreis, für eine Kirchengemeinde mit erledigen.

Die Kirchengemeinde könnte sich dadurch auf die Aufgaben konzentrieren, die sich aus ihrer Stellung im kirchlichen Recht ergeben: Sie bestimmt weiterhin über das kirchliche Leben vor Ort, über die Gottesdienstordnung oder die Besetzung der Pfarrstelle.

Mainusch betonte bei der Einbringung des Aktenstücks: „Wir müssen uns ernsthaft fragen, ob das rechtliche Kleid als Körperschaft des öffentlichen Rechts, das sich im 19. Jahrhundert entwickelt hat, die inhaltliche Arbeit von Kirchengemeinden heute noch wirklich schützt oder es ihre Selbständigkeit durch den damit verbundenen Verwaltungsaufwand nicht eher einschränkt.“ Der Arbeitsgruppe sei schnell klar geworden, dass es sich nicht nur um ein Thema der Verwaltungsreform handele, sondern um eine grundlegende Frage der Kirchenentwicklung.

In der anschließenden Aussprache waren auch kritische Stimmen zu hören. „Wie soll eine Gemeinde inhaltliche Arbeit planen, wenn sie keinen Zugriff auf Finanzen hat?“, fragte Dr. Bettina Siegmund (Sprengel Ostfriesland-Ems).
Die Arbeitsgruppe habe sich einige Modelle in der Badischen Landeskirche angesehen, in der solche Organisationsformen schon länger bekannt und erprobt sind. 

Mainusch betonte, dass diese Reduzierung der Anzahl von öffentlich-rechtlichen Körperschaften in Einzelfällen erprobt werden soll, aber keine Umsetzung für alle Kirchenkreise der Landeskirche vorgeschlagen wird. Außerdem sei ausdrücklich vorgesehen, dass die Erprobungen rückholbar seien, wenn sich zeigen sollte, dass die Verwaltungsaufgaben und die steuerlichen Haftungsrisiken durch die neue Struktur nicht verringert würden. Das alles spreche dafür, es zumindest auszuprobieren.

Über die Vor- und Nachteile soll ausführlich diskutiert werden, wenn die Arbeitsgruppe zu einer zweitätigen Tagung am 17. und 18. Mai 2024 in der Akademie Loccum einlädt. Dazu werden aus jedem Kirchenkreis jeweils zwei Personen eingeladen, die ausdrücklich auf gemeindlicher Ebene Verantwortung tragen, um die Beteiligung der Kirchengemeinden sicherzustellen. Start für die Erprobung in einzelnen Kirchenkreisen könnte dann Anfang 2025 sein.

EMA