Gute Erfahrungen mit der Kirchenpost

Eine Person steht an einem Rednerpult, in Hintergrund zwei weitere Personen
Bild: Jens Schulze

Die Vorsitzende des Öffentlichkeitsausschusses, Cordula Schmid-Waßmuth (Sprengel Hannover) erläuterte gemeinsam mit Nina Hollung (Sprengel Lüneburg) und Nikodemus Keymling (Sprengel Hannover) die Ergebnisse des Pilotprojektes „Kirchenpost“. Die direkte Ansprache, die persönlichen Erfahrungen und weitere positive Effekte durch neue Kooperationen zwischen und innerhalb der Gemeinden standen bei der Vorstellung im Fokus. Grundlage bildete der Bericht der EMA von Mai 2024, berücksichtigt wurden unter anderem die Freiburger Studie zur Kirchenentwicklung und Ergebnisse der 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU 6).

Die „Kirchenpost“ ist ein Pilotprojekt zur systematischen Mitgliederkommunikation, das – auch aufgrund positiver Erfahrungen anderer Landeskirchen – 2021 von Bischofsrat, Kolleg und Landessynodalausschuss beschlossen worden war. Das Projekt startete 2023 mit dem Ziel, Erfahrungen zu Akzeptanz, Umsetzbarkeit, Übertragbarkeit und Messbarkeit zu sammeln. Personell betreut wurde das Pilotprojekt – an dem neun Kirchenkreise teilnahmen – von Lilian Gutowski, Referentin für Mitgliederkommunikation in der Evangelischen Medienarbeit (EMA). Der enge Austausch mit dem Öffentlichkeitsausschuss war neben regelmäßiger Berichterstattung durch die EMA auch dadurch gegeben, dass ein Ausschussmitglied in der Begleitgruppe des Projektes vertreten war. 

„Mit durchschnittlich lediglich 10 bis 20 Prozent der Kirchenmitglieder hat die Kirche regelmäßigen Kontakt. Der Rest fragt sich: Was habe ich von der Mitgliedschaft? – und tritt früher oder später aus“, erläuterte Nina Hollung (Sprengel Lüneburg und Mitglied des Öffentlichkeits-Ausschuss). Dabei verfüge die Kirche über ausreichend Datenmaterial, um eine systematische und effiziente Ansprache und Folgekommunikation aufzubauen. „Wir wissen, welches Mitglied wie alt ist, wann es Geburtstag hat, wann es getauft wurde. Wir wissen um Jubiläumstage von Konfirmation, Taufen, Hochzeiten oder gar, welches der Trauspruch ist. Geburtstagsgrüße, Einladungen zu Veranstaltungen, Gratulationen zum 10. Hochzeitstag – dies sind nur wenige Beispiele für erweitere Kommunikation.“

Im Ergebnis des Pilotprojektes mit der Zielgruppe Jugendlicher im Konfirmationsalter bewerteten 90 Prozent der Jugendlichen die Art der Kontaktaufnahme durch die „Kirchenpost“ mit gut, ihre eigene Kirchenbindung spielte dabei keine Rolle. Die Response-Quote auf die postalische Kirchenpost war mit 12 Prozent deutlich überdurchschnittlich (Vergleichswerte liegen bei 3 bis 9 Prozent).

Ein ähnlich positives Bild ergab der Response zu einem digitalen Kirchenpost-Newsletter, für den sich Kirchenmitglieder im Nachgang zur KV-Wahl 2024 anmelden konnten. Die Öffnungsrate des ersten Newsletters (März 2024) lag mit 62 Prozent wieder weit über dem Durchschnitt von knapp unter 25 Prozent.

Herausfordernd bleiben personelle und finanzielle Ressourcen bei der Landeskirche wie auch in den Kirchenkreisen, um das Projekt zu verstetigen. „Die Kirchenpost hat viele Kräfte gebunden. Dauerhaft ist eine Unterstützung und eine Betreuung mindestens im Layout und im Versand von der Landeskirche wünschenswert.“ Und auch die Verzahnung von landeskirchenweiter Kommunikation und Ansprache in der Ortsgemeinde über Bezugspersonen bleiben ein Spannungsfeld.

Die Begleitgruppe empfiehlt den regelmäßigen Kontakt (ein- bis zweimal im Jahr) zu jedem Kirchenmitglied. Sowohl anlassbezogen zu Lebensfesten als auch an anderen Lebensschnittstellen, immer orientiert an den Interessen der Mitglieder. „Für diese Form der Kommunikation braucht es ein Customer-Relationship-Management (Software zur maßgeschneiderten und strategischen Mitgliederverwaltung), um zum einen die Kirchenpost landeskirchenweit dynamisch und effizient auszuweiten, und zum anderen, um eine individualisierte Folgekommunikation aufzubauen und effektiv zu pflegen.“ 

Die Synodale Schmid-Waßmuth endete – auch vor dem Hintergrund der überdurchschnittlich positiven Rückmeldungen – mit einem Appell: „So eng es im Haushalt wird: Liebe Mitsynodale, wir müssen jetzt in die Mitgliederbindung investieren, solange wir den Spielraum noch haben. Es wäre fatal, es nicht zu tun! Die Mitgliederkommunikation ist ein Schwerpunktthema im neu aufgesetzten Zukunftsprozess.“

Aussprache

Kommunikation und die direkte Ansprache werden immer wichtiger, so die Synodalen Ute Szameitat (Sprengel Lüneburg) und Birgit Spörl (Sprengel Stade) in der Aussprache. Gleichzeitig müssen Ortsgemeinde und Ortsbezüge berücksichtigt und die Kosten und zeitlichen Ressourcen beziffert werden, so Spörl. Der Antrag wurde daher um die Frage nach Stellenumfang und Kosten ergänzt. Roger Cericius (Sprengel Hannover) rechnete vor, dass durch Mitgliederverluste ein Minus von 9 Millionen Euro jährlich aufläuft. Dem müsse man durch Investitionen in Mitgliederbindung begegnen.

Joachim Lau (Direktor der EMA) erläuterte und überschlug die Kosten auf rund 3,5 Millionen Euro pro Jahr für die kommenden drei Jahre. Danach sei der postalische Versand weitgehend auf digital umgestellt. Neben der Unterstützung der Kirchenkreise durch eine Koordinierungsstelle entstünden Kosten für den Briefversand.  „Wer austritt, ist häufig jemand, der keinen Kontakt zur Kirche hat. Deshalb brauchen wir den radikalen Perspektiv-Wechsel, müssen aus Sicht der Mitglieder schauen, Interessen erfragen, Bindung aufbauen.“

Antrag

Der Antrag mit Ergänzung lautete: „Die Landessynode wolle beschließen: Die Landessynode nimmt den Bericht des Öffentlichkeitsausschusses betr. Kirchenpost; Stand der Mitgliederkommunikation in der hannoverschen Landeskirche (Aktenstück Nr. 103) zustimmend zur Kenntnis und bittet das Landeskirchenamt, das Projekt weiter zu verfolgen und über die zu erwartenden Kosten und benötigten Stellenumfänge und ggf. über konkrete Vorschläge zur Umsetzung in der nächsten Tagung der Landessynode im November 2024 zu berichten. Er wurde mehrheitlich angenommen.

EMA