Kirche und Glaube findet längst nicht mehr nur in Gebäuden mit hohem Glockenturm statt - auch digital gibt es Andachten, Spiritualität, Gemeinschaft, Miteinander, Seelsorge. Soziale Medien ûnd Websiten bieten Wege, Menschen abseits ihrer vor-Ort-Gemeinde anzusprechen, teilhaben zu lassen - oder sie erstmal aus Distanz, aus einer beobachtenden Perspektive heraus für Gemeinde und Glauben zu interessieren. Diese Arbeit will die Landeskirche künftig mit Stellenanteilen stützen und wissenschaftlich begleiten lassen. Einige erfolgreiche Formate stellen wir hier schon einmal vor:
Die "Zuhause-Kirche" kommt direkt aufs heimische Sofa
Maximilian Bode und Chris Schlicht sind seit etwa zwei Jahren Pastoren in Bremerhaven-Lehe, einem Brennpunkt. Dort wollten sie bewusst hin und Kirche "anders machen". So haben sie eine Spielecke für Kinder in die Kirche integriert, rollern mit Skateboards durchs Viertel und streamen jeden Sonntagsgottesdienst (17 Uhr) live ins Internet. Anschließend zündet das "Kopp hoch"-Team eine Kerze für jedes Gebetsanliegen an, das per Chat geschickt wurde. Bei Instagram erreichen sie als "@wynschkind" und "@pynk_pastor" tausende Menschen und wirken bei der Basiskirche mit.
NDR-Sendung "Dingenskirchen"
Fast 10.000 Menschen folgen Ina Jäckel mittlerweile auf ihrem Instagram-Kanal "@dingens.von.kirchen". Was als Versuch begann, während der Corona-Pandemie Kontakt zur Gemeinde zuhalten und trotz Kontaktbeschränkungen "da zu sein", ist weit mehr geworden. "Ich habe neben beiden Gemeinden vor Ort quasi eine weitere, digitale Gemeinschaft", sagt die Pastorin aus Leer in Ostfriesland.
Das blieb nicht unbemerkt: Der NDR produziert nun achtmal im Jahr eine Reportage mit ihr, "Dingenskirchen". Die erste Folge ist bereits in der ARD-Mediathek abrufbar.
Kirche ist queer - "AndersAmen" zeigt es
Ellen und Steffi Radtke sind Pastorinnen in Eime und zeigen seit zwei Jahren ihr buntes Dorfleben als "AndersAmen" auf YouTube - mittlerweile mit Kind. Queeres Leben in der Kirche und auf dem Land - das geht für sie absolut zusammen. Auch auf Instagram beziehen sie klar Stellung. Über beide Kanäle bekamen sie bald so viele Rückmeldungen (Feedback wie auch seelsorgerliche Anliegen), dass aus dem einstigen Ehrenamt ein Stellenanteil wurde: Das anfängliche Ziel waren 1.000 Follower*innen nach einem Jahr - die waren bereits nach einer Woche erreicht. Es folgten Einladungen zu reichweitenstarken Kanälen, etwa dem Y-Kollektiv, dem ARD Frühstücksbüffet, Domian im WDR.
Rassismus hat (keinen) Platz in der Kirche
Montags um 9 Uhr ist "Black and breakfast"-Zeit: Auf Instagram diskutiert Quinton Ceasar mit Sarah Vecera und Gästen live aktuelle Themen rund um Antirassismus, Diversität, Digitale Kirche und mehr. Das sind auch seines Herzensthemen, mit denen sich der gebürtige Südafrikaner auf seinem Kanal "@pastor_vanniekaap" hauptsächlich beschäftigt. Beim Kirchentag 2023 in Nürnberg wird der Pastor aus Wiesmoor die Abschlusspredigt halten, voraussichtlich vor einem Millionenpublikum. Denn das Fernsehen ist natürlich auch ein digitales Medium.
Als Diakonin vor Ort doppelt vernetzt
Doch neben einigen reichweitenstarken Kanälen gibt es unzählige, die dutzende oder hunderte Follower haben und vor Ort eine wichtige Größe sind. Claudia Gürtler etwa ist Diakonin in Walsrode und möchte mit ihrem Instagram-Kanal Interessierten den Alltag in der Kinder- und Jugendarbeit näherbringen. Mit morgendlichen Segensposts und Schnappschüssen hält sie vor allem Kontakt zu den Menschen in und um Walsrode. Ihr Ziel sind nicht tausende Follower, sondern ein weiterer Weg der Kommunikation und auch Werbung für ihren Beruf.