„Da war viel Show dabei“
Wiebke Zimmermann studiert Umweltingenieurwesen in Braunschweig und war als Online-Delegierte Teil der Delegation des Lutherischen Weltbundes (LWB) beim UN-Klimagipfel in Dubai dabei. Über den LWB können sich Menschen zwischen 18 und 30 Jahren bewerben, den Debatten zu folgen und internationale Politik-Luft zu schnuppern.
Frau Zimmermann, der 28. UN-Klimagipfel ist nach zwei Wochen zu Ende, inklusive Abschlusserklärung, um die gerungen wurde. Was ist Ihr Fazit?
Zimmermann: Ambivalent, denn dass der Ausstieg aus den fossilen Energien zum ersten Mal seit 30 Jahren festgelegt wurde, ist schon ein wichtiger Schritt. Andererseits ist das Ergebnis angesichts des Klimawandels schlicht nicht genug. Ich finde es dabei frustrierend zu sehen, dass eine Erklärung, die am Montagabend noch völlig auseinandergenommen und als nicht akzeptabel deklariert wurde, mit nur kleinen Änderungen am Mittwoch standing ovations bekommt. Und dann die Delegation aus Samoa sagt, sie habe keine Chance gehabt, über die Erklärung mit abzustimmen, weil sie nicht im Raum war. Denn für viele Länder ist es ein Todesurteil, wenn die Meeresspiegel weiter ansteigen. Sie werden wortwörtlich untergehen.
Also haben Sie den Eindruck, dass wieder nicht wirklich etwas herausgekommen ist?
Zimmermann: Es gab gute Dinge, zum Beispiel, dass der „Loss and Damage Fund“ gleich zu Beginn eingerichtet wurde. Die Länder des globalen Nordens tragen wesentlich zum Klimawandel bei und müssen daher auch Verantwortung für die Folgen übernehmen. Dass nun beschlossen wurde, dass man sich von den fossilen Energien Öl, Gas und Kohle abwenden möchte, ist ein historischer Schritt. Und wenn man sich die einzelnen Verhandlungen anguckt, wurde da schon sehr detailliert gearbeitet. Andererseits ist mein Eindruck, dass der Konferenzpräsident Sultan Ahmed Al-Jaber etwa schöne Bilder produzieren wollte. Und von den Vereinigten Arabischen Emiraten gab es täglich Zusagen zu neuen Ausgaben und einem Klimafonds. Damit wollten die Emirate zeigen, wie viel man doch schon tue – da ist auf jeden Fall viel Show dabei gewesen.
Wie geht es jetzt weiter?
Zimmermann: Nach der COP ist vor der COP – die Zeit zwischen den Konferenzen ist ja die eigentlich wichtige, in der Arbeit getan werden muss. Die Bundesregierung und die EU sind jetzt in der Pflicht, entsprechend zu handeln, den Ausstieg aus fossilen Energien voranzutreiben, Erneuerbare zu fördern und finanzielle Verpflichtungen gegenüber dem globalen Süden zu erfüllen.
Wie viel Hoffnung haben Sie, dass wir die Erderwärmung begrenzen können?
Zimmermann: Das ist immer etwas tagesformabhängig – es gibt so viele Menschen auf der ganzen Welt, die mit großem Engagement aktiv sind. Aber wenn man dann die riesige Öllobby sieht – ich weiß nicht. In Dubai waren 2.400 Lobbyisten – viermal so viele wie im letzten Jahr und siebenmal mehr Menschen, als es dort indigene Repräsentantinnen und Repräsentanten gibt. Und da der Klimawandel derzeit sogar noch schneller voranschreitet, als Forschende vorausgesagt haben, habe ich große Zweifel, dass wir die Erderwärmung unter 1,5 Grad halten können.
Sie waren Online-Delegierte, konnten den Verhandlungen also per Livestream von zu Hause folgen. Würden Sie sich wieder als Delegierte bewerben?
Zimmermann: Es fehlt natürlich der Austausch untereinander beim Mittagessen und so weiter, wo man nochmal mehr von der Stimmung mitbekommt und andere Delegierte kennenlernt. Aber auch so ist es interessant, sich einzuarbeiten, die Prozesse zu sehen und zu verstehen, wie die UN wirklich arbeitet, wie Politik funktioniert. Ja, ich würde mich wieder bewerben, am liebsten als Delegierte vor Ort.