„Sterben für Anfänger“ – Jugendkirche Paulus diskutiert mit RTL-Produzenten

Vier Personen sitzen in Stühlen auf einer kleinen Bühne vor einem Altar. Rechts im Hintergrund ist eine Leinwand aufgebaut, auf der zwei Personen zu sehen sind: Steffen Hallaschka und Olivia Jones.
Bild: Julia Littmann

Bad Lauterberg. „Da arbeitest du über zehn Jahre für so einen Rummelsender und das kann am Ende dabei rauskommen“, sagte Stern-TV-Moderator Steffen Hallaschka. Gemeint ist die Serie „Sterben für Anfänger“, die jüngst mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde. Produziert wurde sie von Anne-Katrin Hallschka, moderiert von Steffen und Olivia Jones.

Am Samstag waren Anne-Katrin, die aus Bad Lauterberg stammt, und Steffen Hallaschka in der Jugendkirche Paulus zu Gast, um über ihr Projekt zu sprechen. Im Kirchenkreis Harzer Land schließen sie damit inhaltlich an die Vortragsreihe an, die sich mit dem selbstbestimmten Sterben befasste, auch wenn die Herangehensweise von „Sterben für Anfänger“ eine ganz andere ist. „Wir wollten es unterhaltsam und ehrlich machen, ohne Tabus“, erklärte Anne-Katrin ihre Idee, die für ein Fernsehformat wirklich ungewöhnlich ist. Das nämlich konfrontiert Steffen Hallaschka und Olivia Jones mit Menschen, die mit dem Tod zu tun haben, beispielsweise ein Bestatter oder zwei an Krebs erkrankte Frauen, die wissen, dass es für sie keine Heilung mehr gibt.

Diesen Menschen begegnen sie, unvoreingenommen, ohne vorherige Recherche, authentisch und sehr persönlich. Dadurch eben auch nahbar, verletzlich und manchmal sichtlich unsicher. Einige Szenen wurden gezeigt und anschließend vom Ehepaar Hallaschka kommentiert, ebenso ehrlich wie sie es im Fernsehen tun.

Tiefgehende Fragen der Jugendlichen

Mehrere junge Menschen sitzen in Stühlen und stehen hinter diesen. Dahinter ist ein Altar erkennbar, in bläulichen Licht beleuchtet.
Bild: Julia Littmann
Das Orga-Team mit den Gästen: Hintere Reihe v.l.: Elisa Fehl, Lennja Fromm, Julian Thomas, Maximilian Witt, Pastor Simon Burger Vordere Reihe v.l.: Sonja Abendroth, Emir Okka, Steffen Hallaschka, Anne-Katrin Hallaschka, Leonie Moritz

Interviewt wurden beide von Leonie Moritz und Sonja Abendroth vom Team der Jugendkirche, die zuvor verrieten, wie nervös sie doch seien. Auf der Bühne beziehungsweise vorm Altar merkte das Publikum davon nichts. Sie hatten etliche durchaus tiefgehende Fragen vorbereitet, schafften es aber auch, dem Talk die Leichtigkeit zu geben, die auch die Serie ausstrahlen will.

Alles, was gezeigt wird, sei natürlich und gehöre zum Leben dazu, erläuterte Steffen, deshalb wollte er auch weniger journalistisch und dafür umso persönlicher an dieses Format herangehen. „Wir erleben Menschen, die mit offenen Augen das annehmen, was ihnen bevorsteht“, sagt er in Bezug auf eine junge Mutter, die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten annahm, dass sie die Ausstrahlung vermutlich nicht erleben würde und das auch ihren Kindern beibringen musste.

Ein solches Schicksal berührt natürlich und erfordert Menschlichkeit noch viel mehr als journalistische Professionalität. Die beiden machten sehr deutlich, was ihnen diese Arbeit bedeutete und auch, welche Spuren die Menschen, denen sie begegneten, hinterlassen haben.

Warum ausgerechnet Olivia Jones? Nun, zum einen, weil sie die Dragqueen schon sehr lange kennen und auch schon lange die Idee fürs gemeinsame Projekt hatten, und zum anderen, weil es auch darum gehen sollte, Images zu brechen und Menschen hinter ihren Fassaden zu zeigen. „Sie ist tiefgründig und keine Kunstfigur, sondern immer eine Variante von Oliver selbst“, sagte Anne-Katrin. Gerade das habe die Arbeit für sie so spannend gemacht.

Was glauben Anne-Katrin und Steffen, was nach dem Tod kommt? Es gebe so viele Menschen, die Erfahrungen machen, die sich nach unseren Maßstäben nicht erklären lassen, antwortete Anne-Katrin darauf, sie glaube, dass da noch etwas sein muss. Steffen hingegen gab zu: „Ich bin mit dem Thema noch nicht ganz fertig.“ Wenn mit dem Tod aber alles vorbei wäre, mache das Leben doch keinen Sinn.

Stimmen der Jugendlichen

Leonie Moritz, 16: „Ich nehme mit, dass der Weg zum Sterben nicht immer Angst einflößend ist und man sich auf den Tod ‚vorbereiten‘ kann. Außerdem habe ich mitgenommen, dass es trotz all der Dunkelheit immer noch Licht geben kann. Ich habe nicht mehr so viel Angst vor dem Tod und dem Weg dahin. Ich fand es auch sehr informativ, was mit mir passiert, wenn ich verstorben bin und wie ich mich und meine Angehörigen ein Stück weit darauf vorbereiten kann.“

Sonja Abendroth, 18: „Ich habe eine Menge gelernt über das Sterben und über Menschen mit tödlichen Krankheiten, aber auch wie Angehörige damit umgehen. Ich habe mich voher nur das ein oder andere mal mit dem Tod beschäftigt, aber nie so richtig. Jetzt weiß ich, dass ich mich lieber jetzt damit beschäftige, damit es später nicht zu schwer wird.“

Emir Okka, 19: „Mir ist bewusst geworden, wie sehr ich mich vor dem Thema Sterben verschlossen habe. Wie Steffen schon sagte, wir denken alle, dass unsere Liebsten die Auserwählten sind, die 150 Jahre alt werden, doch so ist es leider nicht. Ich persönlich werde viel offener an dieses Thema herangehen und mir Gedanken über meine Zukunft und die meiner Familie machen. Vorher herrschte bei mir eine Verschlossenheit gegenüber dem Thema Tod, doch nun betrachte ich das alles glaube ich ‚nüchterner‘ und verleugne nicht mehr, dass auch mein Umfeld jederzeit betroffen sein könnte.“

gesammelt von Julia Littmann

Christian Dolle