Rotenburg/Wümme. Die evangelische Kirche braucht nach Einschätzung von Expertinnen und Experten eine neue Praxis lebensbegleitender Rituale wie Trauungen, Taufen und Bestattungen. Der „behördliche Zuschnitt“ dieser sogenannten Kasualien in der Kirche treffe auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen und die Konkurrenz freier Ritualgestalter, sagte der Mainzer Theologieprofessor Kristian Fechtner am Mittwoch in Rotenburg beim Generalkonvent landeskirchlicher Pastorinnen und Pastoren aus der Elbe-Weser-Region. „Wir brauchen eine Neubestimmung der Kasualien als Dienstleistung im kirchlichen Kontext“, forderte er.
Die Hamburger Pastorin und Ritualgestalterin Meike Barnahl bekräftigte, die Kirche habe längst kein Monopol mehr bei der Gestaltung lebensbegleitender Feste. Überdies spiele die innerkirchliche Organisationsform für die Menschen keine Rolle. Die Bereitschaft, Schnittstellen des Lebens im kirchlichen Rahmen zu gestalten, sei „nicht so groß“. Andererseits: „Die Sehnsucht nach Segen, Begleitung und 'passt-zu-mir' ist total groß.“
Barnahl leitet die evangelische Ritualagentur „st. moment“ in Hamburg. Dort, ergänzte die evangelische Theologin, stünden die Bedürfnisse der Menschen im Vordergrund, die mit dem Wunsch nach einer Taufe oder Trauung kämen: „Wir wollen genau hinhören - und wir wollen mit den Menschen gemeinsam gestalten.“
„Wir haben nicht den Auftrag, Segen zu verwalten, sondern Segen zu verschenken“, betonte Barnahl. Zur Lage sagte sie, die Nachfrage nach kirchlichen Kasualien habe enorm abgenommen, und zwar im ländlichen Raum genauso wie in den Städten. Vor diesem Hintergrund warb sie dafür, auf neue Formen und Orte sowie auf kirchlich-lebensbegleitende Rituale ganz allgemein einen Schwerpunkt in der Arbeit zu setzen: „Meiner Meinung nach müssen die Kasualien eine der Hauptprioritäten in unserer Kirche sein.“
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epd Niedersachsen/Bremen