Das Prinzip Hoffnung
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Vor uns liegt das Pfingstfest, das Fest der Ausgießung des Heiligen Geistes. Die Apostelgeschichte (2,1–21) erzählt davon, wie es den Jüngern plötzlich möglich wird, so zu sprechen, dass sie von allen verstanden werden. Im Johannesevangelium wird dieser Geist den Jüngern als Tröster verheißen, der daran erinnern wird, was Jesus gesagt hat. In allen Evangelien wird er bei der Taufe Jesu wie eine Taube beschrieben, die auf ihn herabkommt.
Paulus schreibt im Brief an die Korinther, dass dem natürlichen Menschen eine Torheit ist, was vom Geist Gottes kommt. Und es sieht ja wirklich so aus, dass Menschen voller Hoffnung, die auf Liebe setzen statt auf Habsucht und Rechthaberei, dass die, die Gottes Wort ernstnehmen und auf sein Reich setzen, den meisten eher suspekt sind.
Utopien werden im Namen eines falsch verstandenen Pragmatismus verlacht. Und die gegen den Krieg ansingen und das Recht ausrufen in den Gassen im Namen von Gottes ersehntem Reich. Und doch sind sie Gottes Kinder, welche sein Geist treibt.
Sie hören einfach nicht auf zu hoffen. Sie setzen mitten im unvermeidbaren Krieg noch aufs Verhandeln, aufs Nachdenken trotz aller Angst. Und sie warnen vor jeder Form selbstverliebten Heldenmutes.
„Das Prinzip Hoffnung“ heißt das Hauptwerk des jüdischen Philosophen Ernst Bloch. Es wurde im Exil in den USA geschrieben und in Deutschland 1959 veröffentlicht. Bloch stellt darin die Frage nach dem Sinn des Lebens, gerade dann, wenn die Welt Kopf zu stehen scheint. Wenn Angst und Furcht uns umtreiben und alle Hoffnung überschatten. Dagegen setzt Bloch ein Hoffen, das erlernbar und lehrbar ist. Eine Arbeit gegen die Lebensangst statt Tagträume als Flucht aus dem Alltag. Das Prinzip Hoffnung gilt nicht nur für den Einzelnen, sondern für die ganze Gesellschaft. Es handelt von einer konkreten Utopie, die ins Gelingen verliebt ist statt das Scheitern zu beschwören.
Das wünsche ich uns Christen und unseren Gemeinden zu Pfingsten, dass wir auf diese Weise lernen, Hoffnung neu zu buchstabieren. Dass wir Glauben und Denken nicht gegeneinander ausspielen. Und Mut nicht mit Rechthaberei verwechseln. Dass ein guter göttlicher Geist über uns kommt und bleibt.
Damit wir das Prinzip Hoffnung teilen können mit Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kultur, unterschiedlichen Geschlechts und unterschiedlichen Alters – mit allen, die guten Willens sind und nicht von allen guten Geistern verlassen.
Amen – das sei gewisslich wahr.
Sybille C. Fritsch-Oppermann