Leid auf der Weltbühne
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Außenministerin Annalena Baerbock warb in ihrer Rede vor der UN um Zustimmung zu der von mehr als 50 Staaten eingebrachten Resolution für ein Ende des russischen Angriffskriegs. Die Vollversammlung hat am Abend mit großer Mehrheit einen Rückzug der russischen Truppen gefordert. 141 der 193 Mitgliedstaaten stimmten für die Resolution.
Das ist der zeitliche Kontext, in dem uns heute Hiob vorgegeben ist. Am Sonntag Invokavit. Dem ersten Sonntag in der Passionszeit.
Um Versuchung geht es in den biblischen Texten, die für heute vorgesehen sind. Von der Versuchung der Schlange – „Ihr werdet sein wie Gott“ – über Hiob, der auch in Schicksalsschlägen und Krankheit an Gott festhält, und Judas, der nicht widersteht, bis hin zu Jesus, der selbst versucht wird. Das Bekenntnis zu ihm und der Blick in die Heilige Schrift helfen, in der Versuchung zu bestehen und Gott richtig zu dienen.
Die Erzählung von Hiob und seiner Erkrankung, wobei er immer noch an Gott festhält und mit ihm (!) redet, erklärt nicht, wie das sein kann, dass jemand, der so fromm und rechtschaffen ist, so leiden muss. Auch Gott gibt ihm keine überzeugende Antwort. Hiob stellt irgendwann fest, dass Gott einfach größer ist als er: Siehe, ich bin zu gering, was soll ich Dir antworten? Ich will meine Hand auf meinen Mund legen. (Hiob 40, 4)
Das ist ein bisschen weise, aber schwer auszuhalten. Deshalb wohl diese Rahmenerzählung im Hiobbuch. Eine göttliche Wette mit dem Satan. Die findet sich Jahrhunderte später bei Faust wieder. Aber sie bleibt etwas grotesk.
Es gibt Leid auf der Weltbühne, in unseren Wohnzimmern, das wir nicht erklären können. Wir sollten es auch nicht versuchen. „Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin.“ Ein Slogan meiner Kindheit. Daran muss ich immer wieder denken, wenn ich von den Kriegsverbrechen in der Ukraine höre und lese. Ich weiß zu wenig von den Dynamiken eines Krieges. Aber verdammt: Diese Kriegsverbrechen begeht doch auch jemand!
Es bleibt also viel zu tun, damit unsere Welt gar nicht dahin kommt, so zu handeln. Ein erster Schritt wäre, der Versuchung einer Erklärung nicht nachzugeben. So lege ich meine Hand auf den Mund.
Amen.
Jakob Kampermann