Startseite Archiv Tagesthema vom 07. Dezember 2022

Biodiversität fördern - individuell, aber stetig

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Auf der Weltnaturschutzkonferenz im kanadischen Montréal beraten die Nationen ab heute über den Erhalt unseres Lebensraums. Konkret geht es um mehr Flächen für den Naturschutz und darum, ein Massenaussterben der Arten zu verhindern. Denn Fakt ist: Die biologische Vielfalt befindet sich auf rasanter Talfahrt. Das wird Entscheidungsträgern, aber auch den Menschen im Alltag mehr und mehr bewusst. 6 Tipps für den Artenschutz in Haus, Hof und Gemeinde.

Reinhard Benhöfer ist im Haus kirchlicher Dienste für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz verantwortlich. „Jede Art ist eines von vielen Rädchen, die das große Getriebe am Laufen halten und so unsere Lebensgrundlage sichert“, sagt der Leiter des Referats, der sich dafür einsetzt, dass die Arten, Lebensräume und die genetische Vielfalt innerhalb der Tier- und Pflanzenwelt auf kirchlichen Flächen gefördert und erhalten werden „Wer Einfluss nehmen kann, ist verantwortlich“, erklärt Benhöfer.

Natürlich kann niemand allein die Welt, das Klima oder die Artenvielfalt retten. Aber im Kleinen anzufangen, ist immer ein erster Schritt in die richtige Richtung. Hier kommen sechs Tipps, wie jeder von uns dazu beitragen kann, dass wilde Tier- und Pflanzenarten geschont und erhalten werden.

Weniger Fleisch essen
Der Verzicht auf Fleisch, Fisch und andere tierische Produkte ist eine der effektivsten Möglichkeiten, die Artenvielfalt zu schonen. Und zwar weltweit. Denn die Herstellung von Fleisch- und Milchprodukten beansprucht 83 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzflächen der Erde. Das hat eine Studie der Universität Oxfort herausgefunden. Was vielen nicht bewusst ist: Um die enormen Tierbestände zu mästen, wird in Südamerika Soja angebaut – und zwar auf Flächen, auf denen ursprünglich Regenwald stand. So wird der artenreichste Lebensraum durch den artenärmsten ersetzt. Außerdem treibt der Konsum von tierischen Produkten, also auch von Butter und Käse, die Treibhausgas-Emissionen in die Höhe.  
Nicht zuletzt sind viele Fischarten vom Aussterben bedroht. Schuld daran ist die Zerstörung ihres Lebensraums durch Überfischung, beim Fang werden tragischerweise zahlreiche Tiere wie Haie, Delfine und Meeresvögel unabsichtlich getötet.

Regional und Bio kaufen 
Wer regional und saisonal einkauft, unterstützt die Landwirte in der Region und vermeidet lange Lieferwege. Aber: Nur wer Bio kauft, setzt gleichzeitig ein Statement zum Klimaschutz. Denn die ökologische Landwirtschaft emittiert rund ein Fünftel weniger Treibhausgase als die konventionelle. Die intensive Landwirtschaft zählt nämlich mittlerweile zu den größten Gefahren für die Artenvielfalt. Pestizide, Dünger, Nitrat aus der Massentierhaltung und Pestizide sorgen dafür, dass Insekten und Kleinstlebewesen keine Nahrung mehr finden und die Population der Feldvögel zurück geht. Schonend bewirtschaftete Ackerflächen bieten Organismen hingegen eine Heimat. 

Grüne Oasen auf dem Land…
Für alle, die einen Garten haben, gilt die Devise: Weniger ist mehr. Denn wer sein Herbstlaub und Totholz liegen lässt, schafft ein Paradies für Insekten und kleine Säugetiere. Das ideale Winterquartier für Igel besteht beispielsweise aus einem Haufen aus totem Holz – das sich überall im Garten finden und beiseitelegen lässt -, Reisig und Laub. 
Wer genügend Platz für einen Teich hat, tut der Natur ebenfalls Gutes. Wasser zieht nicht nur viele Insekten an, sondern bietet auch Fledermäusen einen reicht gedeckten Tisch. Bei der Pflanzenauswahl sollten heimische Stauden und Gehölze im Fokus stehen: Aus Sanddorn, Haselnuss, Holunder, Weiß- und Rotdorn sowie Schlehe lässt sich eine üppig blühende Wildfruchthecke pflanzen, die Mensch und Tier mit Früchten beglückt. 

…und in der Stadt
Selbst die kleinste Fläche kann zur Oase für Mensch und Tier werden. So lässt sich ein Balkon zum grünen Paradies umfunktionieren. Um die Biodiversität auf dem Balkon richtig zu unterstützen, können Selbstversorger beispielsweise insektenfreundliche Blumen, Kräuter und Gemüsepflanzen ziehen. Ringelblumen, Lavendel, Salbei und Basilikum locken Schmetterling, Hummel & Co. Rankende Pflanzen wir Erbse, Feuerbohne oder die Schwarze Susanne sind ein toller Sichtschutz, die Blüten und Früchte für Vögel und Insekten gefundenes Fressen. 

Lichtverschmutzung vermeiden
Gerade in der Adventszeit aktuell: Wer seinen Hauseingang und die große Tanne im Garten jetzt mit Lichterketten schmücken möchte, sollte dabei beherzigen, dass durch die nächtlichen Lichtquellen der Biorhythmus zahlreicher Lebewesen aus dem Gleichgewicht gerät. Wird die Beleuchtung also nachts reduziert und die Lichterkette nach den Feiertagen wieder abgenommen, spart das nicht nur Strom, sondern schützt auch nachtaktive Insekten. 

Haushaltsreiniger selbstgemacht
Konventionelle Putzmittel enthalten häufig umweltbelastende Tenside und andere gefährliche Inhaltsstoffe. Jeder, der schon mal ausgiebig Reinigungsspray in der Dusche oder Küchenspüle verteilt hat, weiß, dass die feinen Stoffe Hals und Nase reizen. Aber noch dazu sind Fertigprodukte schwer biologisch abbaubar und wenn sie über das Abwasser in den Wasserkreislauf gelangen, schaden sie den Wasserorganismen. Mit selbstgemachtem Universalreiniger aus zwei Teilen Essig, einem Teil Wasser und ätherischem Öl lassen sich Bad, Küche und WC reinigen. Zur Herstellung von ökologischem Fensterputzmittel einfach Wasser und Spiritus, am besten Bio-Ethanol, zu gleichen Teilen mischen, einen Schuss Apfelessig dazugeben und alle Zutaten leicht durchschütteln. 

Für Kirchengemeinden gibt es ein spezielles Angebot:
Sie können sich zum Biodiversität-Check anmelden. Die Friedhofskultur hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Urnen- statt Sargbeisetzungen und zusätzliche Bestattungsangebote im Wald und auf See reduzieren den Bedarf an Friedhofsflächen enorm – und verändern das Bild auf dem Friedhof. 
Das Projekt BiCK – Biodiversitäts-Check in Kirchengemeinden – fördert den Natur- und Artenschutz auf kirchlichen Außenflächen, Gärten, Gebäuden und auf Friedhöfen. Partizipierende Kirchengemeinden erhalten neben fachkundiger Beratung und Planung von ökologisch sinnvollen Maßnahmen durch Referenten im Haus Kirchlicher Dienste auch eine Schulung. Förderfähig ist eine ökologisch sinnvolle Bepflanzung mit heimischen Stauden und Gehölzen und die Schaffung von natürlichen Lebensräumen für die heimische Fauna. Das können Benjes Hecken, Steinmauer oder ein naturnaher Flachteich sein. Ebenso förderfähig sind artenschutzfördernde Maßnahmen wie Nistkästen, Futterhäuser und Tränken. 

Mitmachen können alle Kirchengemeinden der Evangelischen Landeskirche Hannovers, die an Biodiversität interessiert sind. Vertreter der Gemeinde können sich ab sofort im Internet auf der Website des HkD zur Auftaktveranstaltung am 13. Januar 2023 anmelden.

Tanja Niestroj/EMA
Eine Frau bringt einen Nistkasten an einem Baum an. Bild: Sabine Dörfel