Startseite Archiv Tagesthema vom 19. September 2022

Das war der Gospelkirchentag

Rund 3.000 Gospel-Fans beim internationalen Festival in Hannover

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Mit einem Gottesdienst ist am Sonntag der 10. Internationale Gospelkirchentag in Hannover zu Ende gegangen. Nach zwei Tagen und mehr als 100 Stunden Live-Musik im gesamten Stadtgebiet kamen rund 3.000 Mitwirkende und Gospel-Fans am Vormittag in der Swiss Life Hall zusammen, um das Festival mit Gesang und Gebet ausklingen zu lassen.

In einer Dialogpredigt entfalteten der hannoversche Landesbischof Ralf Meister und Oberkirchenrätin Julia Helmke ausgehend von „Murphys Gesetz“ ein Plädoyer für Hoffnung und Zuversicht. Die populäre Lebensweisheit des US-amerikanischen Ingenieurs Edward A. Murphy besagt, dass alles, was schiefgehen kann, auch schiefgehen wird. Diese Einstellung führe in eine Falle, betonte Meister. Pessimismus vergifte und vernebele den Blick. Die einstige Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages Helmke ergänzte, dass enttäuschte Erwartungen und Erfahrungen des Scheiterns oftmals einen neuen und freieren Blick auf die Welt eröffneten.

Der 10. Internationale Gospelkirchentag war am Freitagabend auf dem hannoverschen Opernplatz unter anderem von Meister und der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, eröffnet worden. Zu erleben waren Konzerte von rund 100 Chören aus 14 Nationen auf mehreren Bühnen und in 16 Kirchen. Höhepunkte des Festivals waren unter anderem Auftritte von Stars der Szene wie Judy Bailey und Laith Al-Deen sowie zwei „Mass Choir“-Veranstaltungen, die Tausenden Sängerinnen und Sängern Gelegenheit boten, gemeinsam zu proben und zu singen.

„Mit zahllosen Kantoreien, Vokalensembles, Kinderchören und Instrumentalisten ist jede Menge Musik in der Kirche. Der Gospelkirchentag macht diesen Reichtum weit über die Kirchen hinaus hörbar“, sagte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister bei der Eröffnung. Wie vieles in der Kirche sei auch das musikalische Leben im Wandel und breche zu neuen Ufern auf. Festivals wie der Gospelkirchentag seien wichtige Treffpunkte für musikalisch Aktive und dienten auch der gegenseitigen Bestärkung, Neues zu wagen.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, betonte, dass sie sich Glauben ohne Musik nicht vorstellen könne. Es mache sie stolz und glücklich, wenn eine Menge wie in Hannover „Gott mit toller Musik lobt“. Kirchliche Lieder hätten häufig auch politische Themen und stemmten sich gegen Ungerechtigkeit: „Vergesst nicht, dass die Welt unsere Lieder braucht“, sagte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Bis Sonntag trafen sich unter dem Motto „Lift me up“ rund 3.000 Sängerinnen und Sänger aus 15 Ländern in Hannover. Geboten wurden rund 100 Stunden Live-Musik sowie 40 Workshops. Am Samstag bespielten fast 30 Chöre und Ensembles zwischen 11 und 22 Uhr mehrere Bühnen in Hannovers Innenstadt. Höhepunkte waren am Samstagvormittag zwei „Mass Choir“-Veranstaltungen in der Swiss Life Hall, bei denen die Teilnehmenden des Festivals gemeinsam neue Gospel-Songs erarbeiteten. Am Samstagabend fand am selben Ort eine „Gospel Celebration“ unter anderem mit der Singer-Songwriterin Miriam Schäfer und dem dänischen Musikpastor und Songwriter Hans-Christian Jochimsen statt.

Der Gospelkirchentag fand erstmals 2008 in Hannover statt. Die mittlerweile zehnte Auflage sollte ursprünglich bereits 2020 in Hannover starten, war aber wegen der Corona-Pandemie zweimal verschoben worden. Die evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers hat das Festival in diesem Jahr unter anderem mit der Stiftung Creative Kirche, der Stadt Hannover und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) organisiert. Zugleich wurde in der niedersächsischen Landeshauptstadt die lange Nacht der Kirchen gefeiert, die ebenfalls im Zeichen der Soul- und Jazz-inspirierten Kirchenmusik stand.

epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen
Rund 150 Mitarbeitende haben den Gospelkirchentag gestemmt - die meisten davon ehrenamtlich.

Drei Fragen an...

...Marcel Leskow, Projektmanager bei der Creativen Kirche Witten. Beim Gospelkirchentag koordiniert er den Einsatz aller Mitarbeitenden.

Mit welchem Gefühl fahren die Mitarbeitenden vom Gospelkirchentag nach Hause?

Marcel Leskow: Sie sind total happy und beseelt nach Hause gefahren. Wir haben begeisterte Rückmeldungen bekommen, trotz der vielen Arbeit. Zu unserem Team gehörten rund 150 Leute, davon 120 Ehrenamtliche. Auch der Regen war nicht so schlimm, nachdem wir den Festivalgottesdienst in die Swiss Life Hall verlegt hatten. Und auch, wenn es nach Corona weniger Besucherinnen und Besucher als sonst waren, hatten wir kaum weniger Ehrenamtliche als in den Jahren zuvor. Wir haben schon wieder ganz viele Zusagen für den Gospelkirchentag 2024 in Essen.

Welches Aufgabenspektrum hatten die Ehrenamtlichen zu bewältigen? Und lief alles glatt?

Leskow: Größere Pannen gab es nicht. Natürlich mussten wir hier und da mal Feuer löschen, wenn etwas fehlte. Aber wir haben sehr qualifizierte Menschen, die zum Beispiel beruflich im Management arbeiten. Es gab Aufgaben in der Standortleitung, für die Gospelnacht, Moderation, Technik, Catering, im Himmelszelt auf dem Opernplatz, an der Infothek und vieles mehr. Es ist eine große Bereicherung, dass wir so eine Vielfalt an Mitwirkenden haben, die sich mit dem Gospelkirchentag total identifizieren und gute Gastgeber sein wolllen. Für die meisten ist Musik ein wichtiger Teil ihres Glaubens – und neben ihrem Dienstplan hatten sie auch noch Zeit, Veranstaltungen zu besuchen oder selbst mitzusingen.

Gospelkirchentag und Hannover – passt das zusammen?

Leskow: Das passt absolut. Hier gibt es eine große Bandbreite an Musik, auch an christlicher Musik. Das Publikum ist erstklassig und sehr offen. Vor den Open-Air-Bühnen standen permanent Leute, selbst bei strömendem Regen. Auch die Vorbereitung und Organisation unserer Partner vor Ort war sehr gut. Der Gospelkirchentag ist ein charmanter Weg, die Gute Nachricht weiterzugeben – und zwar mit der Musik, die viele Menschen mögen: nicht nur Gospel, sondern auch Pop, Rock und Soul.

Interview: Lothar Veit / EMA
Marcel Leskow