„Kirchen können wie der Fels in der Brandung sein“
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#Mensch – so lautet das Motto des diesjährigen Landeswettbewerbs Evangelische Religion. Seit vergangener Woche können sich Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 10 bis 13 mit Arbeiten zu diesem Thema bewerben. Als Schirmherrin konnten die Veranstalter die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek gewinnen, die einer breiteren Öffentlichkeit abseits der Fachwelt durch einen gemeinsamen Podcast mit ihrem Kollegen Christian Drosten bekannt geworden ist.
Die Wissenschaftlerin musste nicht lange überlegen, als sie gefragt wurde: „Ich engagiere mich besonders gern für Kinder und Jugendliche“, sagt sie im Interview mit Linda Frey, Dozentin am Religionspädagogischen Institut Loccum (RPI) und zuständig für den Landeswettbewerb. Während der Pandemie habe ihre Zunft viel Gegenwind erfahren. „Es gibt extreme Meinungen und viele Fehlinformationen und es ist schwer, dagegen anzukommen. Ich glaube einfach, man muss bei den Schülerinnen und Schülern – also in der frühen Generation – mit der Aufklärung anfangen und sie begeistern und mitnehmen.“
Die Kirchen könnten aus Sicht der Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main eine Vermittlerrolle einnehmen. „Kirchen können wie der Fels in der Brandung sein, wenn Leute Angst haben oder unsicher sind“, so die Professorin. „Gerade in Zeiten der Unsicherheit könnte die Kirche zum Beispiel helfen, zwischen uns Wissenschaftlern und den anderen Menschen Brücken zu bauen: etwa Veranstaltungen organisieren, die zur Aufklärung beitragen.“ Wenn es um soziale Gerechtigkeit gehe, seien die Kirchen gefragt, „vielleicht indem sie alleinerziehenden Müttern helfen oder Menschen, die ihre Arbeit verloren haben.“
Und was fällt ihr zu dem Wettbewerbsthema #Mensch ein? „Ich vertraue erstmal allen Menschen, die mir begegnen und die in meinem Umfeld sind, und hoffe immer, nicht enttäuscht zu werden“, sagt Sandra Ciesek. Die Pandemie habe sie aber auch gelehrt, dass sie bisweilen in einer „Blase“ gelebt habe. Durch ihr Auftreten in der Öffentlichkeit und die Reaktionen darauf habe sie erkannt, „dass es Menschen gibt, die andere Wertvorstellungen haben, die ich so vorher nicht kannte. Meine Sichtweise auf die Menschen hat sich nicht generell verändert, aber erweitert.“
Deshalb müsse man bei Kindern und Jugendlichen ansetzen, um eine Spaltung der Gesellschaft aufzuhalten. Die Auseinandersetzung mit dem Thema #Mensch könne dafür viele Ansätze bieten: „Ich finde das Thema wahnsinnig spannend, gerade weil es so vielseitig ist, und ich bin gespannt, welche Themen oder Assoziationen entstehen und was die Schülerinnen und Schüler dann einbringen.“
Der Landeswettbewerb Evangelische Religion wird alle zwei Jahre vom Religionspädagogischen Institut Loccum (RPI) ausgerichtet. Es werden insgesamt sieben Geldpreise vergeben, die Preisgelder liegen zwischen 150 und 600 Euro und haben einen Gesamtwert von 3.000 Euro. Zusätzlich werden bis zu 80 Buchpreise vergeben. Ins Leben gerufen wurde der Wettbewerb 1998 gemeinsam mit der Hanns-Lilje-Stiftung; seit 2015 ist auch die Heinrich-Dammann-Stiftung an der Förderung beteiligt. Beide gehören zu den bedeutendsten evangelischen Stiftungen in Niedersachsen.
Lothar Veit / EMA