Ich sing dir mein Lied
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In diesem Sommer hat es ein Lied von den Stränden Mallorcas in unsere Charts und Nachrichten geschafft. Layla. Es ist nicht mein Lieblingshit des Sommers. Den Text finde ich bedenklich, ebenso, wie viele Menschen dieses Lied singen und sich auf Instagram damit zeigen. Ganze Schützenfeste, bei denen ein DJ nur die Melodie spielt und die ganze Halle dieses Lied grölt.
Und dennoch: Man kann dabei beobachten, welche Kraft darin steckt, zusammen zu singen. Das gilt natürlich nicht nur an den Stränden in Spanien.
Musik unsere Seelen zum Schwingen bringt, und das viel unmittelbarer als Bilder oder Worte das können. Musik kann wunderbar ausdrücken, was Menschen fühlen. Auch anders herum stimmt es: Musik kann in uns Stimmungen und Gefühle wachrufen.
Wenn jemand eine flotte Melodie pfeift, tut er es, weil es ihm gut geht. Aber es gibt auch unzählige Lieder, die von Sehnsucht und Schmerz singen. Es gibt Lieder, die Protest und Wut Ausdruck verleihen. Es gibt Lieder, die uns zu Tränen rühren – auch vor Glück.
Unser Gesangbuch hat etliche Lieder, die eher bedeutungsvoll als fröhlich sind. Und wenn wir diese Lieder in den Gottesdiensten singen, sehen wir dabei nicht unbedingt immer fröhlich aus. Das ist gar nicht schlimm. Manche Melodie ist für uns heute nicht eingängig und mancher Rhythmus ungewohnt. Es sind eben Lieder, die schon viele Jahre alt sind. Die neueste Melodie in unserem Gesangbuch in Niedersachsen stammt immerhin aus dem Jahr 1992.
Auch die Texte sprechen nicht immer unsere Sprache. Einer der ältesten Texte stammt – in lateinischer Sprache – aus dem 10. Jahrhundert. Aber oft steckt gerade in diesen alten Melodien und Texten viel Wertvolles drin an Lebenserfahrung, Hoffnung und Glauben.
Geh aus, mein Herz, und suche Freud’ in dieser lieben Sommerszeit! Diese Liedzeile lässt sich gar nicht denken, ohne dass man gleich seine beschwingte Melodie im Ohr hat. Wer allerdings alle fünfzehn Verse von Paul Gerhardt liest und singt, wird merken, dass in dem Lied noch viel mehr zum Schwingen kommt als Sommerwiesen und Bienenschwärme. Vom ewigen Leben und der Sehnsucht danach singt das Lied.
Also lasst uns zusammen singen. Uns von Texten und Melodien begeistern lassen. Manche singen vom Leben. Manche beten. Manche werden zu Ohrwürmern für viel länger als nur einen Sommer. Manche sogar für das Leben.
Oder mit den Worten eines Liedes aus Brasilien:
Ich sing Dir mein Lied,
in ihm klingt mein Leben.
Den Rhythmus, den Schwung
hast Du mir gegeben
von Deiner Geschichte,
in die Du uns mitnimmst,
Du Hüter des Lebens.
Dir sing ich mein Lied.
Amen.
Jakob Kampermann