„Pfarrfrauen haben früher den Gemeindedienst mitgeheiratet“
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Eine Interessenvertretung für die Ehefrauen von evangelischen Pastoren - und inzwischen manchmal auch von Pastorinnen: Was heute antiquiert anmutet, war vor gut 50 Jahren notwendig. Im September 1970 wurde der Pfarrfrauendienst in der hannoverschen Landeskirche gegründet, weil die Pfarrfrauen sich von der Kirche vereinnahmt fühlten, sagt die Vorsitzende Ute Volkhardt aus Bülkau bei Cuxhaven.
Frau Volkhardt, warum haben die Pfarrfrauen 1970 eine eigene Interessenvertretung gegenüber der Landeskirche gegründet? Schließlich waren doch nicht sie, sondern ihre Männer im kirchlichen Dienst.
Ute Volkhardt: Die Ehefrauen der Pastoren haben damals den Dienst in den Gemeinden quasi mitgeheiratet. Sie mussten ganz selbstverständlich und ohne gefragt zu werden mitarbeiten - in der Regel ohne Bezahlung und oft ohne Anerkennung. Sie übernahmen Küster- und Telefondienste, stellten Dokumente wie Taufscheine und Heiratsurkunden aus, spielten Orgel, leiteten den Kindergottesdienst oder Gesprächskreise. Einige haben das gerne gemacht. Für andere war es ein Ärgernis, dass die Landeskirche das einfach verlangte. Die verbot ihnen zudem noch, einen eigenen Beruf auszuüben. Bei Scheidungen oder für die Rente war das ein hartes Thema. Deshalb war der Bedarf für Austausch sowie vor allem für Beratung und Unterstützung bei den meisten groß.
Aber heute sind die meisten Pfarrfrauen eigenständig berufstätig. Wozu braucht es den Dienst dann noch?
Volkhardt: In der Tat nehmen heute weniger Frauen unsere Angebote in Anspruch. Es geht heute um Themen wie die Pflicht, in einer Dienstwohnung oder einem Pfarrhaus zu wohnen. Auch damit dass Pfarrer und mit ihnen ihre Familien vor allem auf dem Land noch sehr in der Öffentlichkeit stehen, können nicht alle Frauen gut umgehen. Zudem ist der Pfarrerberuf kein 40-Stunden-Job. Ein Pastor ist oft rund um die Uhr tätig. Die Abgrenzung zum Privaten ist schwierig. Das betrifft natürlich auch immer die Familie - auch wenn die jungen Pfarrer heute deutlich mehr auf ihre Work-Life-Balance achten. Für viele Ehefrauen ist der Austausch untereinander heute immer noch wichtig. Wir erreichen mit unseren Angeboten jährlich immer noch etwa 200 Pfarrfrauen.
Inzwischen sind viele Pastorinnen in den Gemeinden tätig. Wo bleiben eigentlich die Pfarrmänner?
Volkhardt: Wir werden immer mal wieder gefragt, warum wir keine Männer in unseren Reihen haben. Das sei doch Diskriminierung. Ich kann nur sagen: Pfarrmänner wären uns willkommen. Aber der Bedarf scheint nicht da zu sein. Wir haben allerdings nicht die personellen Ressourcen, die Männer zum Mitmachen motivieren. Und es käme uns merkwürdig vor, Veranstaltungen für Männer und Frauen auszuschreiben, wenn gar keine Männer da sind.
Interview: Martina Schwager / epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen