Startseite Archiv Tagesthema vom 19. Mai 2022

Neu: Kirchenvorstandswahl auch online möglich

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Frau Burmeister, das neue Wahlrecht für Kirchenvorstände enthält im nun vorliegenden Entwurf einige gravierende Änderungen. Welche sind dies?
 
Eine wichtige Neuerung ist, dass die Wahlberechtigten 2024 erstmals in allen Kirchengemeinden der Landeskirche zwei Möglichkeiten haben werden, ihre Stimme komfortabel von zu Hause abzugeben: Entweder per Brief, denn alle Wahlberechtigten bekommen automatisch die Wahlunterlagen nach Hause geschickt. Oder per Onlinewahl: Die Wahlunterlagen werden einen Code enthalten, mit dessen Hilfe man seine Stimme abgeben kann. Für die Organisation dieser zentralen Wahlverfahren sorgt die Landeskirche. Die Kirchengemeinden entscheiden, ob sie daneben noch eine Wahl im Wahllokal anbieten möchten.
 
Für Herstellung, Druck und Versand der Wahlunterlagen an alle Wahlberechtigten sorgt eine zentrale Stelle. Die Kirchengemeinden müssen sich darum nicht mehr kümmern.
 
Wir haben die Vorschriften gründlich entschlackt: Statt wie bisher 50 Paragraphen enthält das neue Wahlrecht nur noch 27 Paragraphen. Überflüssige Regelungen haben wir abgeschafft.
 
Die Berufung von Menschen ist künftig flexibler: Nach der Wahl können die alten Kirchenvorstände gemeinsam mit den Neugewählten entscheiden, ob sie Menschen berufen möchten und wenn ja, wie viele. Es ist künftig auch möglich, während der laufenden Amtsperiode die Zahl der Berufenen zu erhöhen.
 
Die bisherigen Vorgaben zur gestaffelten Größe von Kirchengemeinden, abhängig von der Zahl der Gemeindemitglieder, gibt es nicht mehr. Die Mindestzahl der Gewählten beträgt drei. Die alten Kirchenvorstände können vor der Wahl selbst festlegen, wie viele Menschen sie brauchen, um die Aufgaben gut erledigen zu können.
 
Es gibt Änderungen im Hinblick auf junge Menschen: 2024 können Kandidat*innen bereits ab 16 Jahren statt wie bisher ab 18 Jahren gewählt und berufen werden. Auch bei den Berufungen sind junge Menschen besonders im Blick: Sollte nach der Wahl unter den Gewählten nicht bereits eine Person unter 27 Jahren sein, soll der Kirchenkreisvorstand eine Person unter 27 Jahren in den Kirchenvorstand berufen.
 
Wie bisher finden Kirchenvorstandswahlen alle sechs Jahre statt. Der Gesetzentwurf sieht aber vor, dass Kandidat*innen sich bei der Aufstellung entscheiden können, zunächst nur für drei Jahre (statt für die vollen 6 Jahre Amtsperiode) zur Verfügung zu stehen. Wenn dann die ersten drei Jahre verstrichen sind, erklären diese Kirchenvosteher*innen gegenüber dem Kirchenvorstand, ob sie für weitere drei Jahren dabei bleiben möchten. Wenn nicht, endet ihre Amtszeit nach drei Jahren. Für die Ausgeschiedenen müssen Personen nachberufen werden. Wir sind gespannt, ob und wie sich das bewährt. Natürlich ist die Hoffnung, dass die meisten, die diese Option wählen, nach drei Jahren weitere drei Jahre in ihren Ämtern bleiben.

Welchen Effekt sollen diese Änderungen haben?
 
Die Reform hat drei wesentliche Ziele:

  1. Vorschriften und Verfahren vereinfachen
  2. Die Kirchengemeinden entlasten, indem Aufgaben zentral erledigt werden, siehe Herstellung und Versand der Wahlunterlagen
  3. Durch die neuen Wahlverfahren wie Allgemeine Briefwahl und Onlinewahl die Wahlberechtigten einladen, sich mehr als bisher an der Kirchenvorstandswahl zu beteiligen.

Das „Kirchenvorstandswahlgesetz“, kurz KVBG, war die Premiere für ein neues Beteiligungsverfahren im Internet. Hatte es das Echo, das Sie sich davon versprochen hatten? Und: Welche Änderungen sind über diesen Kanal in den Entwurf eingeflossen?
 
Mit 306 Kommentaren auf der eigens eingerichteten Internetseite hatten wir ein gute Echo. Daneben haben wir rund 50 ausführliche schriftliche Stellungnahmen von Kirchenkreisen und Kirchengemeinden bekommen. Für diese ausführlichen Beiträge sind wir neben den Internet-Kommentaren besonders dankbar. Zum Teil haben Kirchenkreisvorstände und Kirchenvorstände eigene Klausuren zum Thema KV-Wahlrecht veranstaltet, um die Stellungnahmen zu erarbeiten. Sehr wichtig waren auch die qualifizierten Beiträge aus den Kirchenämtern, die eine zentrale Funktion bei den KV-Wahlen haben.
 
Bereits bevor das öffentliche Stellungnahmeverfahren startete, hatten wir eine breite und wichtige Beteiligung derjenigen, die das Gesetz anwenden werden: In dem Zeitraum nach der Wahl 2018 bis zum Sommer 2020, als der erste Entwurf fertig war, haben wir drei Fachtage mit jeweils ca. 40 Teilnehmer*innen, darunter viele wahlerfahrene Vertreter*innen aus Kirchengemeinden, veranstaltet. Die Teilnehmer*innen haben maßgeblich dazu beigetragen, die Ideen für das neue Wahlrecht zu entwickeln.
 
Bei einem Thema waren die Kommentare auf der Plattform entscheidend, um es neu zu diskutieren: Bisher ist es verboten, dass Familienmitglieder gleichzeitig Mitglied im Kirchenvorstand sind. Das steht so im geltenden KVBG und auch im Entwurf für das neue Gesetz stand es wieder. Wir hatten bei der Formulierung des Gesetzentwurfes nicht eigens darüber nachgedacht, ob das geändert werden sollte. Als dann eine überraschend große Zahl von Kommentator*innen diese Regelung kritisch sah und sie abschaffen wollte, wurde es zu einem Diskussionsthema bei uns im Landeskirchenamt und nach der Einbringung des Entwurfes in dem Ausschüssen der Landessynode.

Neben dem Planungsausschuss haben auch der Jugendausschuss und der Rechtsausschuss darüber beraten: Sind Punkte offen geblieben?  
 
Erfreulicherweise haben die zuständigen Ausschüsse der Landessynode den Gesetzentwurf mit seinen umfangreichen Neuerungen für gut befunden. Nur drei Themen wurden überhaupt noch ausführlich beraten: die Wählbarkeit ab 16 Jahren, die Möglichkeit, zunächst für drei Jahre zu kandidieren, und eben die gleichzeitige Mitgliedschaft von Familienangehörigen.
 
Nur bei den Familienangehörigen ist es tatsächlich noch offen, wie es im Ergebnis ausgehen wird. Der Rechtsausschuss und der Jugendausschuss möchten das Verbot streichen. Der Planungsausschuss hat sich mit knapper Mehrheit dafür ausgesprochen, das Verbot beizubehalten. Argumente für die Streichung sind z. B., dass man ein Potential an möglichen Kandidat*innen, gerade auch jungen Menschen, nicht ausschöpft, wenn z. B. Mutter und Sohn oder Schwester und Bruder nicht gleichzeitig Mitglied sein können. Schließlich ist es häufig eine Frage der familiären Sozialisation, ob junge Menschen kirchlich interessiert und engagiert sind. In Kommunalparlamenten gibt es ein solches Verbot ebenfalls nicht. Diejenigen, die das Verbot beibehalten möchten, verweisen darauf, dass man „Vetternwirtschaft“ vermeiden möchte. [Hinweis: Die Landessynode hat inzwischen entschieden. Das Verbot wurde mit knapper Mehrheit gestrichen.]

Die Arbeit in den Kirchengemeinden könnte sich durch das neue Wahlrecht durchaus verändern. Was ist, wenn sich dabei unerwartete Erfahrungen offenbaren? Bliebe für die nächste Wahl 2030 genügend Zeit für Anpassungen?
 
Wir werden unmittelbar nach der Wahl 2024 mit der Auswertung beginnen. Und in diesem Zusammenhang werden wir auch die Rechtsänderungen gründlich evaluieren. Was hat sich bewährt, was nicht, was soll oder muss angepasst werden. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir der Landessynode vor der dann anstehenden Wahl 2030 möglicherweise Anpassungen am neuen KVBG vorschlagen werden. Dafür hätten wir genug Zeit, auch wenn wir für einige Punkte zunächst drei Jahre abwarten, wie sich z. B. die neue Möglichkeit, für drei Jahre zu kandidieren, auswirkt.

Rebekka Neander/EMA

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